8 . 31 . IM . 1896 . Christoph von Stadion , Bischof von Augsburg , nnd seine Stellung znr Reformation . L . X . Es war am 12 . April des Jahres 1517 , als der Bischossstuhl des hl . Ulrich zu Augsburg durch den Tod Heinrichs von Lichtenau verwaist wurde . * * ) Schon am 5 . Juli desselben Jahres empfing dessen Nach¬ folger Christoph von Stadion zu Dillingen die bischöfliche Weihe ? ) Sein Regierungsantritt fällt also zusammen mit dem Auftreten jenes Augustinermönches von Witten - berg , der durch die 95 Thesen , die er am 31 . Oktober 1517 gegen die Ablaßpredigten des Dominikaners „ Jo¬ hann Tctzel " an der Allerheiligenkirche zu Wittenberg anschlug , den Kampf gegen Papstthum und Kirche an¬ kündigte . Es war dies Martin Luther , Professor der Theologie an der Universität Wittenberg , der so die nächste Veranlassung zu der großen Neligionsbewegung des 16 . Jahrhunderts in Deutschland gab , die sich nicht nur auf ihr Entstehungsgebiet beschränkte , sondern immer weiter und weiter um sich griff und sich bald auch über einen großen Theil des südlichen Deutschlands erstreckte . Na¬ türlich blieb auch das Bisihum Augsburg nicht ver¬ schont , war ja Luther selbst im Jahre 1518 auf dem Reichstage zu Augsburg anwesend , ^ ) und sehr bald wurde auch der neue Bischof Christoph von Stadion mit in die Bewegung hineingezogen . Das Verhalten der Geistlichen zu der neuen Lehre war ein sehr verschiedenes , und es gab leider nicht wenige , die dieselbe bereitwillig auf¬ nahmen . Namentlich war es der niedere Klerus , der Luthers Worten ein geneigtes Ohr schenkte , und gerade ausgesprungenen Mönchen verdankte die neue Lehre die weiteste Verbreitung . Aber auch unter der höheren Geistlichkeit fanden sich welche , die sich von der alther¬ gebrachten katholischen Kirche lossagten . Ich will nur erinnern an den Hochmeister des deutschen Ordens Albrecht von Brandenburg , der sich von Luther bereden ließ , das ihm unterstellte Ordensland Preußen in ein weltliches Herzogthum umzuwandeln , mit dem er sich dann 1525 vom Polenkönig belehnen ließ . Im darauffolgenden Jahre vcrheirathete er sich mit einer schwedischen Prin¬ zessin ? ) Doch wie dieser fahnenflüchtige Kirchenfürst wagten es nicht alle , sich offen von der katholischen Kirche zu trennen , und es gab manche , die zwar in ihrer Ge¬ sinnung ganz und gar Lutheraner waren , die jedoch äußerlich bei der alten Kirche blieben , indem sie durch offenen Uebertritt zu Luthers Lehre ihr Einkommen und ihre Macht zu verlieren fürchteten . So war der Car¬ dinal Albrecht von Brandenburg , Erzbischof von Mainz , der mehr humanistisch als theologisch gebildet und mehr weltlich denn geistlich gesinnt war , wenigstens anfangs Luthers Lehre sehr zugethan ? ) Ebenso find die Urtheile ' ) Geschichte der Bischöfe von Augsburg von Placidus Braun , 3 . Band ( Augsburg 1814 ) : Seite 174 . 2 ) Ebd . S . 186 . ° ) Ebd . S . 206 . * ) Jausien , Geschichte des deutschen Volkes , 3 . Vd . ( Frei - burg i . Br . 1883 ) : Seite 73 f . ; 76 . ° ) Diese Ansicht vertritt Jakob Map : „ Der Kurfürst , Car¬ dinal und Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg " . 2 Bände , München 1865 . — Dagegen sucht H . Grcdp nachzu¬ weisen , daß derselbe insbesondere als „ feststehend in seinem ka¬ tholischen Glauben und als ein steter Gegner der Empörung gegen die althergebrachte kirchliche und staatliche Ordnung er¬ schien " ( Cardinal - Erzbischof Albrecht II . von Brandenburg in seinem Verhältniß zu den GlaubenSneucrungen , Mainz 1891 : Vorrede Seite IV ) . über Christoph von Stadion sehr verschieden , und manche lauten für ihn ziemlich ungünstig . Im Nachfolgenden will ich nun die Fragen zu lösen versuchen : Welche Stellung nahm Christoph zur neuen Lehre ? War er in seiner Gesinnung Katholik oder hing er der Lehre Luthers an ? Christoph von Stadion stammt aus der schwäbischen Adelsfamilie von Stadion , wurde 1478 wahrscheinlich zu < Schelklingen in Württemberg geboren , bezog 1490 die Universität Tübingen , wo er 1491 Baccalaureus , 1494 Magister wurde , ging einige Jahre später zum Studium des geistlichen Rechtes nach Bologna , erwarb sich hier den Doktorgrad und kehrte , reich an Bildung und Kennt¬ nissen , im Jahre 1500 nach Deutschland zurück . Er widmete sich dem geistlichen Staude , wurde bald bischöf¬ licher geistlicher Rath zu Augsburg , 1507 Domherr , dann Official , 1515 Domdekan daselbst und erhielt den Rang eines kaiserlichen Rathes . Der altersschwache Bischof Heinrich von Lichtenau wählte bald darauf mit Zustimmung des Domkapitels den Domdekan von Stadion zum Coadjutor , und als solcher wurde er von Papst Leo X . mit dem Rechte der Nachfolge bestätigt . Nach dem Tode seines Bischofs nahm er sodann Besitz vom bischöflichen Stuhle zu Augsburg ? ) Man begrüßte den hochbegabten , gelehrten , klugen , milden und eifrigen Mann mit freudigen Hoffnungen als Bischof , und sein erstes Auftreten war auch ganz geeignet , dieselben zu rechtfertigen . Schon auf den 1 . Oktober 1517 berief er die Geistlichkeit seines Bis - thums zu einer Synode nach Dillingen , bet welcher er persönlich eine geistreiche Rede voll christlich frommer Gesinnung und apostolischen Eifers hielt ? ) Besonders mahnte er in dieser Rede seinen Klerus zu Tugend und Demuth , er belehrte denselben , wie er das Fasten , das Beten , den Gottesdienst n . dgl . zu verrichten habe , und forderte ihn zu einem reinen und festen Glauben auf . Der neue Bischof tadelte aber zugleich auch mit scharfen Worten die Schwelgerei und den Luxus der höheren Geistlichkeit und warnte seinen Klerus vor solch un¬ würdigem Lebenswandel ? ) Wie diese Rede , so bezweck¬ ten auch die Dekrete , die auf dieser Synode verkündet wurden , hauptsächlich Abstellung von Mißbräuchen und Hebung der Kirchenzucht . Im Anschluß an die Synode ordnete der Bischof auch eine Visitation der Diöcesc an , um die mehrfach tiefgesunkcnen Zustände derselben zu bessern und das religiöse und sittliche Leben zu heben . Dieses wichtige Amt übertrug er den einsichtsvollsten ° ) Stcichele in „ Allgemeine deutsche Biographie " 4 . Band ( Leipzig 4876 ) : S . 224 . ' ) Ob die Rede bei Beginn oder am Schluß der Synode gehalten wurde , darüber gehen die Berichte auseinander . Braun , Gesch . d . Bisch . v . Augsb . III . 167 , setzt sie an den Ansang der Synode , Strichele dagegen , ferner Haas ( Wetzcr und Welle , Kirchenlexikon : Christoph von Stadion , I . Band sFreiburg 1947 ) Seite 145 ) setzen sie an den Schluß . Letzterer meint , es widerspreche der Schluß der Rede der Ansicht Brauns . — Ltvinor , Vota ssleota bloelesiao LnZnatanas ( Vntz ' U8tao Vinäs - liooram LIO60I,XXXV ) xa . K . 56 : In boo Lznoäo ipss Obristopborns Oratoria innnoro tunotns ost ; Anmerkung : lüpiloAo aolliAitur , suvssgusntoin oratäcmew all üuew Lxuoeil taisso babitaiu . ° ) Braun , Geschichte d . Bisch . v . Augsb . III . 187 - 189 ( theils Inhaltsangabe , theils wörtliche Citate der Rede in deutscher U . - bcrsetzung ; wortwörtlich : Steiuer , Leta , Zelsota , xsL - 53 - 70 ) . ^ / |