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der Aufsenwelt als eines Komplexes von Gegenständen aufeinen unbewufsten Schlufs »von der wechselnden Empfindungauf äufsere Objekte als die Ursachen dieses Wechsels«zurück.Die Subjektivität unserer Erkenntnis verhindert,dafs wir über das Wesen der Dinge an sich etwas aussagenkönnen; die materielle Welt ist eine Welt der Erscheinung,der Realismus nur eine brauchbare metaphysische Hypotheseohne dogmatische Berechtigung. »Was wir erreichen können,ist die Kenntnis der gesetzlichen Ordnung im Reiche derWirklichkeit, diese freilich nur dargestellt in dem Zeichen-system unserer Sinneseindrücke.« 2 )*)
Liebmann ist einer der ersten Denker, welche in derZeit nach dem Zusammenbruche der Identitäts-Philosophiedie Forderung stellten, man solle auf Kant zurückgehen undauf der Grundlage seiner Vernunftkritik die Erkenntnislehreneu aufbauen. Kant's Absicht ist nach ihm nichts anderesals ein Suchen nach den höchsten Gesetzen des erkennendenBewufstseins, zu welchem Behufe er die analytische MethodeNewton's verwertet. 3 ) Wenn nun auch Kant im einzelnenso manche Irrtümer begangen hat, so ist doch seine Dar-legung, dafs es in uns apriorische Erkenntniselemente giebt,vollständig gerechtfertigt. 4 ) Die auf dem Wege der Induktiongewonnenen Erfahrungsurteile bieten gar keine Garantie fürihre allgemeingültige Wahrheit, dagegen sind die analytischen
J ) Phys. Opt. S. 453-
2 ) Thats. d. Wahrn. S. 39.
* Vor Helmholtz hat bekanntlich Joh. Müller die Kant 'schenPrinzipien auf die Sinnesphysiologie, besonders die physiol. Optikangewandt. Was Kant apriorische Formen der Anschauung nennt,das sind für J Müller »eingeborene Energien«. Vgl. Joh. Müller »Zurvergleichenden Physiol. d. Gesichtssinnes«. S. 826, S. 45 ff.
3 ) Zur Analysis der Wirklichkeit, 1876. S. 221.
4 ) 1. c. S. 220.