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Die Weiterbildung der Kant'schen Aprioritätslehre bis zur Gegenwart : ein Beitrag zur Geschichte der Erkenntnistheorie / Rudolf Eisler
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Einleitung.

Wenn auch die Frage nach dem Kriterium und nachder Quelle der wahren Erkenntnis bereits für die antikePhilosophie ein Gegenstand der Untersuchung gewesen ist,so beginnt doch erst mit der Entwicklung der neueren Philo-sophie, als deren eigentlicher Begründer Descartes anzusehenist, eine Ära, in deren Ablauf die Philosophen es sich ange-legen sein lassen, positive Kriterien der Wahrheit aufzu-stellen und die Allgemeingiltigkeit unserer Erkenntnis ausbestimmten Bedingungen abzuleiten.

Für das naive Bewufstsein mit seiner völlig unkritischenBetrachtungsweise des Gegebenen giebt es noch keinenGrund irgendwie die Giltigkeit unseres Erkennens in Zweifelzu ziehn. Diese Thatsache gilt nicht nur für das individuelleBewufstsein, sie wiederholt sich in der Entwicklungsgeschichtedes philosophischen Denkens. Die ältern jonischen Natur-Philosophen nehmen diesen Standpunkt des naiven Denkensein; sie vertiefen sich noch allzusehr in die Betrachtung derNaturerscheinungen, um ihr Augenmerk darauf richten zukönnen, ob ihren Spekulationen auch richtige Voraus-setzungen zu Grunde liegen. Das Hauptergebnis der späterenphilosophischen Untersuchungen bis Plato ist die Lehre vonder Subjektivität unserer sinnlichen Wahrnehmung. SchonDemokrit gelangt zur Einsicht, dafs die Qualitäten der Em-

Eisler, Kant 'sche Aprioritätslehre. I