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Die Weiterbildung der Kant'schen Aprioritätslehre bis zur Gegenwart : ein Beitrag zur Geschichte der Erkenntnistheorie / Rudolf Eisler
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Rationalismus überein), erzeugen aber in ihrer Anwendungauf das Übersinnliche nur dialektischen Schein. J )

Wie grofs das Verdienst auch erscheint, das Kant sichdurch seine genaue Analyse des erkennenden Bewufstseinsnicht nur um die Philosophie, sondern um die Wissenschaftüberhaupt erworben hat, so müssen wir doch eingestehen,dafs er in der Ausführung seiner Arbeit so manche Fehlerbegangen hat, Fehler, die um so verhängnisvoller gewordensind, da sie schon in der Grundlegung der Kant'schen Er-kenntnistheorie stecken und den ganzen Bau unsichermachen. Kant ist durchaus im Recht, wenn er darlegt, dalsErfahrung niemals zu Stande käme, wenn es nicht gewisse,im Bewufstsein begründete Bedingungen derselben gebenwürde, aber er hat durchaus nicht bewiesen, dafs Raum undZeit von aller Erfahrung unabhängige Formen der Sinnlich-keit sind, noch dafs die Zahl seiner Kategorien wirklichebenso viele ursprüngliche Grundformen des Denkensrepräsentiert. Für die Behauptung, das Formale der Er-kenntnis sei nur subjektiv, sind keine genügenden Beweisegegeben. 2 ) Diese »Lücke« in der Vernunftkritik ist esauch, worauf sich die meisten Angriffe gegen die Aus-führungen der Vernunftkritik richten. 8 ) Kants Hauptfehlerwurzelt darin, dafs er bei seinen Beweisführungen für dieApriorität der Anschauungs- und Denkformen Schlüsse ausPrämissen zieht, die er zum grofsen Teile nicht sicher-gestellt hat.

J ) Proleg. S. iii.

2 ) Selbst die mathematischen Antinomien beweisen nicht dieSubjektivität der Anschauungsformen; nach B. Erdmann (»Axiomeder Geometrie«) ist Kant ursprünglich durch sie auf seinen Idealis-mus gebracht worden. Vgl. Vaihinger, Kommentar. 2. Bd. S. 302.

3 ) Vg'- Trendelenburg, Histor. Beiträge zur Phil., 1867. 3. S.22930. Schon vorher in den »Log. Untersuch.« 2. A. 1862. Da-gegen K. Fischer »Logik und Metaphys.« 2. A. 1865. Gesch. derPhilos. III. Bd. 2. A. Vorr. V. Über den Streit zwischen beidenPhilosophen vgl. Vaihinger, Kommentar, 2. Bd. S. 290326S. 140 »Sachlich hat Trendelenburg doch Recht«.