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werden konnten. Ähnlich wie einst die Messen der Champagneein in sich geschlossenes System bildeten 1 , so standen inRufsland bis in die neueste Zeit die grofsrussischen und diekleinrussischen Messen nebeneinander. In sich geschlossen,hatten beide gegenseitig wenig Beziehungen. Nach dem Be-richte des Ivan Aksakoff über die Jahrmärkte der Ukraine hatten viele Kaufleute, welche auf den Messen Kleinrufslandsverkauften, im Laufe des Jahres ihre Waren an zwanzig Malein- und auszupacken, um im folgenden Jahre denselben Kreis-lauf von neuem anzutreten.
Auch diese gröfseren Messen waren keineswegs notwendigmit Städten verbunden: Irbit , auf dessen Messen noch gegen-wärtig an 100000 Personen zusammenströmen, zählt nichtmehr als 5000 ständige Einwohner; der älteste der klein-russischen Märkte bei Kursk lag in einer als „Einöde" be-zeichneten Gegend. Klöster vielmehr scheinen Anziehungs-punkte für den Mefsverkehr gebildet zu haben, wie auch inWesteuropa Reliquienbesitz oft zum Mefsort emporhob 2 .
Von allen Messen war und ist die Messe von Ni sch n i Now-gorod die wichtigste. Diese Stadt bildet den östlichen End-punkt des Industriebezirks und liegt in einer für den Wasser-verkehr aufserordentlich günstigen Lage, an dem Zusammen-flufs von Wolga und Oka. Nach diesem Punkt siedelt vom15. Juli bis 10. September jedes Jahres der Moskauer Handelüber. Von hier aus vollzieht sich die Verteilung der Warennoch heute für den gröfsten Teil Grofsrufslands und des asiati-schen Rufsland. Von Eröffnung der Schiffahrt im Frühjahr biszu Beginn der Messe können fast aus allen Teilen des Reiches dieWaren nach Nischni gebracht sein, und noch ist es Zeit, dafs dieKäufer sie abermals verschiffen, ehe die Ströme zufrieren.
Dr. Kosegarten 3 , welcher 1843 die Messe besuchte, giebt