Aber tiefer als in die Welt unserer Klassiker wurzelt das„Dritte Reich " hinunter in das Zeitalter der Kirchenreforma-tion. Zwar steht es in schneidendem Widerspruch zu dem dul-denden Gehorsam, der nach Luther eine schlechte Obrigkeitals Zuchtrute Gottes hinnimmt; denn in revolutionärer Tatbäumt es sich auf gegen die „Novemberrepublik" als blut-leerem Geschöpf äußeren wie inneren Zusammenbruchs. NachLuther ist es dagegen nicht Sache des Christen, die weltlicheOrdnung zu ändern: „Juristen mögen dazu raten". Nichtminder widerspricht die Kameradschaft und Führerschaft, andie das Dritte Reich glaubt, jenem Pessimismus, wonachirdische Beziehungen von Mensch zu Mensch keine religiöseBedeutung haben: „in der Welt sein, heißt unter Teufeln sein".Die Welt zerfällt nach Luther in Licht und Finsternis — ohneBrücke! Das Dritte Reich aber leuchtet im Glänze der Ewig-keit — das „Endreich"!
Nicht minder widerspricht das Dritte Reich der Hoffnungs-losigkeit Calvins, nach dem die Welt endgültig unter dem Ge-richte steht, ein Gegenstand lediglich des Berufsgehorsams derErwählten zwecks äußerer Ordnung zur Ehre Gottes. Sehrfolgerichtig verlangt daher der Neucalvinist Karl Barth dieVerkündigung des „Wortes", wie er es auslegt, und nichtsanderes von der Kirche, gleichgültig ob das Volk es wünschtund versteht oder nicht, in völliger Gleichgültigkeit gegenüberjeder besonderen Staatsform. Dagegen ist das Dritte ReichSache des Glaubens: „die Kirche verkündige das Evangeliumdes Dritten Reiches ". Aber nicht aus dem „Mülleimer desachtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts" stammt dieseWaffe, mit der die Religion in die Politik vorstößt. In der Ver-diesseitigung des Reichsgedankens knüpft das Neue Deutsch-land an die täuferischen Überlieferungen an, die mit dem Bluteunzähliger Märtyrer durchtränkt sind; es überwindet damit anSchwung den proletarischen Zukunftsstaat Marxens, der inbloßer Nützlichkeit verwurzelt ist. „Das Dritte Reich —werdendes Gottesreich" — erst mit diesem Bekenntnisscheint vielen seiner Anhänger die Reformation vollendet.
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