III
Bankenaufbau.
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wie der Brite nach dem Gesetz des freien Einzelnen, das Wort unseres Dichters: „So mußt Du sein, Dir kannst Du nicht entfliehen."
Vor 30 Jahren verrichteten frei konkurrierende Unternehmer 9 /io derjenigen wirtschaftlichen Arbeit, welche nicht als Handfertigkeit dem „Arbeiter" zufiel. Heute leisten Beamte 9 /io jener wirtschaftlichen Kopfarbeit. Das Bankwesen steht an der Spitze dieser Entwicklung. In seinen Riesenbetrieben ist der Beamte alles, selbst der Direktor „Diener" des Instituts. Das Beamtenverhältnis aber ist durch unsere geistige Vorzeit in bestimmter Weise geprägt. Es unterscheidet sich seiner Idee nach dadurch vom bloßen Arbeitsverhältnis, daß dem Beamten nicht „eine äußerliche, nur besondere Sache" anvertraut ist. Er „legt das Hauptinteresse seiner geistigen und besonderen Existenz in das Verhältnis". In der Beschäftigung mit den großen Interessen des Ganzen „gehen die subjektiven Seiten seines Wesens unter und erzeugt sich die Gewohnheit allgemeiner Interessen, Ansichten und Geschäfte". Was der Beamte zu leisten hat, ist „ein Wert an und für sich". Mit diesen Worten umreißt Hegel das Ideal des Beamten — ein Ideal, unerreichbar, aber nach Kräften anzunähern 1 ). Die weitreichenden Probleme, welche aus der Verbeamtung unseres Wirtschaftslebens und der Demokratisierung unserer Staatseinrichtungen erwachsen, fallen weit aus dem Rahmen dieser Arbeit.
IX. Kapitel.
Die Industrieanlage.
Der Bankenaufbau, wie wir ihn geschildert haben, ruht auf breiter, doppelter Grundlage: dem deutschen Industriestaat und den Rohstoff gebieten des Auslands. Seine volkswirtschaftliche Funktion gipfelt in Industrieanlage und Auslandsanlage. Betrachten wir zunächst die erstere.
A. Die Industrialisierung des Bankwesens.
Der deutsche Industriestaat ist ein neuzeitiges Gebilde. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts meldete sich die Aufgabe an, in dem bis dahin agrarischen Deutschland, dessen wirtschaftlicher Führer das ostelbische Rittergut gewesen war, eine Industrie zu schaffen. Für die Phantasie unserer Voreltern war der „Wollonkel", was heute der „Kohlenbaron" ist, der Inbegriff der Wohlhabenheit. An die Stelle der Landschaft als leitender Kreditanstalt trat die Kreditbank im engeren Sinne und zwar zunächst die west- und mitteldeutsche Provinzbank, da die Hauptstadt an der Außenlinie des werdenden Industriestaates gelegen war.
Die Aufgabe der Industrialisierung verlangte entweder Emporhebung des kleinkapitalistischen Verlegers zum neuzeitigen Fabrikunternehmer oder Industriegründung mittelst der Aktie aus dem Neuen und Vollen. Das eine war der Weg der Textil-, das andere der Weg der Montanindustrie. Danach kann man zwei Typen der industrieverwandten Provinzbank unterscheiden: den klein- und mittelkapitalistischen Typus, dessen Schwerpunkt im Kontokorrentgeschäft liegt, und den großkapitalistischen mit dem Schwerpunkt im Gründungs- und Emissionsgeschäft.
Beispiele: Die Rheinisch-Westfälische Diskontogesellschaft mit Sitz in Aachen ist eine typische Bank der Textilindustrie mit mittelständischem Charakter, mittleren Buchkrediten und zahlreicher Beteiligung an Kleinbanken der Nachbarschaft. Indem der früher kreditgebende Großhandel vielfach ausgeschaltet wurde und der Fabrikant die Rohstoffe unmittelbar einkaufte, brauchte er Bankkredit. Auch als die genannte Bank rechtsrheinisch wurde, ging sie wieder in ein Textilgebiet