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Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
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Staatsmannes an clen Wagen der wirtschaftlichen Notwendigkeitgespannt ist.

Von keiner Frage des Zarenreiches galt lange Zeit ingleichem Mafse, wie von der seiner Finanzen, das Dichterwort:Von der Parteien Gunst und Hafs entstellt." Heute, nach-dem ein grofses, lange' Zeit in seinen Einzelheiten geheimgehaltenes Ziel erreicht ist, sehen wir klarer.

Seit dem Krimkriege befand sich Rufsland in dem Zu-stande uneinlöslichen Papiergeldes, welches seit dem letztenOrientkriege einer schweren Entwertung unterlag. Obgleicheiner bekannten Schulmeinung zufolge dieser Zustand fürRufsland grofse Vorteile hätte besitzen müssen, so hat dasZarenreich, wie jeder Staat, der dieSegnungen der Papier-währung" am eignen Leihe erfuhr, kein erstrebenswerteresZiel gekannt, als die Rückführung seiner Währungauf metallische Basis.

Aufklärend hat in dieser Hinsicht zweifellos das BuchA. Wagners gewirkt, welcher in den 60 er Jahren die russischePapierwährung, ihre Einwirkung auf die Volkswirtschaft, so-wie die Möglichkeit ihrer Beseitigung einer eingehenden Be-sprechung unterwarf 1 . Trotzdem blieb die öffentliche Meinungbis in unsere Tage hinein überwiegend inflationistisch ver-derbt. Die Währungsreform vollzog der Staat gegen dieöffentliche Meinung 2 , mit wenigen Ausnahmen gegen diePresse, gegen den zähen Widerstand des Publikums. Fürden Staat aber kamen nicht nur, ja vielleicht nicht in ersterLinie die allgemeinen, oft genug dargelegten volkswirtschaft-lichen Schäden der Papierwährung in Betracht, sondern vorallem die Gesichtspunkte des staatlichen Machtinteresses.

Jede Abbröckelung des Papierkurses um Kopeken be-deutete für Rufsland, einen der gröfsten Goldschuldner derWelt, eine Mehrbelastung mit Zinsen um Millionen und ge-fährdete das Gleichgewicht des Budgets. Die blofse Möglich-

1 Die russische Papierwährung. Kiga 1868.

2 Vergl. z. B. Berichte über die Währungsreform in der Freienökonomischen Gesellschaft.