Kaiser , dessen gutes Herz auch für ein kleines Schicksal zu gewinnen war,lachte und gab seine Zustimmung. Einige Minuten später telegraphierteich an den Legationssekretär von Eckardt: „Seine Majestät der Kaisererteilt Ihnen den nachgesuchten Heiratskonsens." Herr von Eckardt istübrigens nicht nur diesen Abend selig gewesen, sondern die Ehe, die damalsvon Hubertusstock aus ermöglicht wurde, war in ihrem Verlauf eine glück-liche. Die Frau ist eine gute Deutsche geworden.
Am nächsten Tage forderte mich der Kaiser nach seiner Gewohnheit zuDemission einem Spaziergang auf. Er brachte aus eigenem Antrieb die Rede auf denHohenlohes Gesundheitszustand des Fürsten Hohenlohe, der ihm schriftlich und münd-lich erklärt habe, daß er sich seinem Amt gesundheitlich und auch geschäft-lich absolut nicht mehr gewachsen fühle und deshalb um einen „Abschiedin Gnaden" bitte. Ich gab der Meinung Ausdruck, daß es im InteresseSeiner Majestät wie des Landes liege, daß Fürst Hohenlohe so lange alsmöglich auf seinem Stuhl bliebe. Wenn er auch aktiv nicht mehr viel leistenkönne, so wäre er doch ein Element der Beruhigung und der Stetigkeit.Sein weiser Rat, seine Erfahrungen und seine Ausgeglichenheit wären vonhohem Werte. Der Kaiser stimmte mir bei, wiederholte aber, Hohenlohe wäre schwerlich noch lange zu halten. Dann frug er mich plötzlich, ä brüle-pourpoint: „Würden Sie die Nachfolge annehmen?" Ich antwortete mitder Gegenfrage, an wen Seine Majestät außer mir noch denke. Der Kaiserschien durch meine Frage nicht gerade angenehm berührt, meinte aberschließlich nach einigem Zögern, er habe an „Pod" gedacht. Ich antwortete,daß mir der General von Podbielski schon als alter Husar sympathischwäre, er habe auch unbestreitbare Meriten. Er sei forsch, und er sei findig,zwei Eigenschaften, die sich selten vereinigt fänden. Er stünde aber denFragen der auswärtigen Politik ohne Erfahrung gegenüber, in der innerenPolitik sei er zu sehr konservativer Parteimann. Ich wisse auch nicht, ob beiihm der Takt so ausgebildet wäre, wie sein Schneid zweifellos sei.
Der Kaiser fuhr fort: „Offen gesagt, wäre mir persönbch Phili Eulen-burg durchaus der sympathischste Nachfolger. Er ist mein bester Freund. Ichbin sein Höchstes. Ich weiß nur nicht, ob er die Sache machen kann. Ichhabe den Eindruck, daß ihm selbst dies zweifelhaft ist. Er hat mir erst kürz-lich gesagt, daß er weder die Kenntnisse noch die Arbeitskraft besitze, umein großes Ressort leiten zu können. Auch habe er seine Nerven in meinemDienst zu sehr verbraucht, um vor Reichstag und Landtag treten zu können.Er würde den Kanzlerposten jedenfalls nur übernehmen können, wenn ihmein Sprechminister beigegeben würde. Er behauptet, daß es bei den Fran-zosen unter Napoleon III. einen solchen gegeben hätte. Der Kaiser konntesich auf den Namen dieses französischen Sprechministers nicht besinnen.Ich vermute, daß Phili der Minister Eugene Rouher vorgeschwebt hatte,