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ständlichkeit, da der Gegenstand überhaupt nichts weiter istals die Einheit des Selbstbewufstseins, welche in die ge-gebene Mannigfaltigkeit hinein verlegt wird und dieselbe ob-jektiviert. In jeder Erfahrung ist die synthetische Identitätdes Bewufstseins vorhanden und ihrer Gesetzmäfsigkeit sindalle Vorstellungen unterworfen.*) So kommen dieselben innotwendig bestimmte Verhältnisse zu einander, in eine Art»transcendentaler Affinität«, als deren blofse Folge die»empirische Affinität« (Association) sich ergiebt. 2 )
So stellt sich Kant mit seiner Aprioritätslehre in Gegen-satz zum Empirismus sowohl, als auch zum Rationalismusund vermittelt zugleich zwischen beiden, indem er in seinerVernunftkritik einen realen Empirismus, nach welchem allesWissen, soweit es sich auf die Gegenstände der Erfahrungbezieht, empirisch ist, mit einem formalen Rationalismus ver-bindet, für den es Erkenntnisse aus reiner Vernunft giebt,die aber freilich nur die Gesetze der reinen Vernunft selbstzum Gegenstande haben. 8 ) Darum ist nach Kant weder dieErfahrung, noch das reine Denken imstande, über die Dingean sich Aufschlufs zu geben, weil beide genötigt sind, inihren Grenzen zu bleiben. Die Objekte der dogmatischenMetaphysik erscheinen ihm so als blofse Ideen, welche erals reine Vernunftbegriffe den apriorischen Verstandesformenparallel stellt und denen er aus denselben Gründen wie denletzteren alle transcendente Berechtigung abspricht. Dietranscendentalen Ideen von Gott, Freiheit und Unsterblich-keit sind zwar im Wesen der menschlichen Vernunft not-wendig begründet (hierin stimmt Kant mit dem älteren
*) Die Kategorien sind nichts anderes als ursprüngliche Ver-bindungsarten des Mannigfaltigen in der Vorstellung. Vgl. Kr. d. r. V. S. 95. »Die reine Synthesis, allgemein vorgestellt, giebt nun denreinen Verstandesbegriff.«
3 ) Vgl. Windelband, Gesch. d. neuern Philos. 2. Bd. S. 78.F. Paulsen, »Versuch einer Entwickel.gesch. d. Kant. Erkenntnis-theorie. 1875« betont allzusehr das rationalistische Element in derVernunftkritik.