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Karl Helfferich zum Gedächtnis : [Reden am Sarge in Mannheim am 30. April 1924]
Entstehung
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Mit tiefer Trauer im Herzen haben wir uns zusammen,gefunden, das Gedächtnis eines großen Mannes zu feiern.Die Deutschnationale Volkspartei hat ihren größten, ihrenklügsten und mutigsten Mann, ja, ich darf es ohne Übertreibunggetrost sagen: Deutschland hat seinen besten Sohn verloren.Helfferich lebt nicht mehr! Durch ein grausames, entsetzlichesGeschick ist er in der Vollkraft seiner Jahre, auf der Höheseines Lebens und Wirkens dahingerafft worden, gerade indem Augenblick, als aller Augen, nicht nur die seiner Partei-freunde, mit den höchsten Erwartungen und Hoffnungenauf ihn blickten. Es ist ein entsetzlicher Gedanke, sich zu ver-gegenwärtigen, welche Unsumme von Fähigkeit, Wissen undErfahrung, von Energie, Schaffensfreudigkeit und Tatkraft,von Mut, Charakterstärke und Seelengröße in diesem Mannemit einem Schlage vernichtet worden ist; eine für uns Deutsch -nationale verzweifelte Vorstellung, was dieser Mann mit seinen52 Jahren noch für uns, für unser Vaterland geleistet habenwürde. In ihm war alles vereint, was nicht nur den großenStaatsmann sondern auch den sittlich hochstehenden Menschenkennzeichnet. Die außergewöhnlichen Anlagen des Geistesund Herzens, die ihm auf den Lebensweg mitgegeben waren,die Schärfe seines Verstandes wie die Reinheit des Herzens,die zwingende Macht seines Willens wie die Lauterkeit desCharakters, sie waren zur höchsten Stufe menschlicher Ent-wicklung, zur feinsten Blüte persönlicher Kultur vervollkommnet.Nichts Falsches war an ihm, alles war echt: seine glühendeVaterlandsliebe wie sein heiliger Zorn im Kampfe gegenVolksverrat und Korruption; der Mut, mit dem er stets inerster Reihe dem Ansturm seiner Gegner die Stirne bot unddie unerschütterliche Festigkeit, mit der er seine ganze Personfür seine Überzeugung einsetzte. Keiner hat tiefer wie er dieSchmach seines Vaterlandes empfunden, keiner so unerschrockenmit so blanker und scharfer Waffe gegen die Jämmerlichkeitseiner Zeit gefochten, und auf Niemand gründete sich deshalb

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