» Gxlt, . Mutter Marie , so war es damals vor 22 Jahren , die nun schon seit jener schönen Zeit ent¬ schwunden , der alte Freiherr und seine , Gemahlin ruhen längst in Gott , aber der heilige Christ hat uns noch niemals vergessen , und alljährlich , wie heute , bringt er uns die kostbaren goldenen Nüsse , zur Erinnerung an einen dummen Streich des alten Toni , den Gott so gut zu wenden gewußt hat . " Der Förster hatte seine Geschichte , der wir alle lautlos zugehört , beendet . Während des Sprechens hatte sich die Mutter Marie von ihrem Sitz erhoben und langsam sich hinter den Lehnstuhl des Alten gestellt . Jetzt , da er geendet , da lehnte sie sich mit glückstrahlen¬ dem Antlitz vornüber und besiegelte mit einem herzhaften Kuß die wahrheitsgetreue Erzählung : „ Ja Tont , so war ' s , so hat ' s der hl . Christ zu unser aller Glück gefügt ! " „ Dann laßt zum alten Glück , Vater Toni , den heiligen Christ ein neues fügen, " unterbrach ich die eingetretene Stille und trat mit meiu ^ Nest vor den kleinen Erker , wo Vater und Mutter eng aneinander gelehnt standen . Wohl schauten sich die Beiden eine Zeit lang verwundert an und ließen dann prüfend den Blick auf uns niederglciten , wo ihnen der Lichtstrahl reinen Liebes¬ glückes aus vier treuen Augen entgegenleuchtete . „ Daß Euch der heilige Christ denn so zu Frieden und Glück führe , wie unsere liebe Herrschaft und uns ; seid glücklich , und gelt Marie , die „ goldenen Nüsse " , die wir Gott sei Dank noch alle bewahrt , sie sollen das Hochzeitsgut sein für unsere Kinder . " „ Ja , ja ! " war unter heißen Küssen die Antwort der Mutter . Wie nahm ich das Herz voller unaussprechlichem Jubel mit aus dem traulichen Försterhaus , wie durch - wob meine Träume ein Lichtmeer ohne Gleichen , bis am Morgen die Glocken zur Christmette riefen und in an¬ dachtsvoller Stimmung vor dem armen Kripplein ich dem heiligen Christ für seine reichen Gaben danken konnte . * Gewiß , manch leuchtendes Licht ! einist an dem glück¬ lichen Christbaum des Lebens erloschen , aber „ der hl . Christ Hatte es gut gefügt " , das denkt meine gute Nest und ich ganz besonders an jedem Christtag , den wir regelmäßig im Forsthaus zu Steinkron zubringen , wo noch immer am hl . Abend die goldenen Nüsse in ' s Zimmer rollen und unsere liebe Jugend sie jauchzend aufrafft zur Freude des alten Toni und der guten Mutter Marie , zur Freude auch uns , die wir freudigen Bewußtseins noch heute sagen können : „ Der heilige Christ hat ' s wohl gefügt ! " - - Ei » Weihnachtsabend unter den Palmen Algiers . ( Schluß . ) Da horch ! — Der dröhnende Hufschlag eines Pferdes im rasenden Galopp — mechanisch erhebt der Schweizer das Haupt und horcht nach der Richtung , woher der Schall kommt . Schon sprengt auf schaum¬ bedecktem Nos ; eine der aufgestellten Vedetten in das Lager . „ Zu den Waffen , Leute ! " schrie er mit aller Kraft seiner Lungen , „ zu den Waffen ! — Sie sind dicht hinter mir ! " Wie eine Windsbraut aus der Hölle nahten sie in fliegender Eile , die halbnackten Reiter auf den nackten Pferden , den dunklen Körper mit Kokosöl gesalbt , daß sie aalglatt durchs die Finsterniß dahinhuschten , hinter jedem Reiter noch Andere im Sattel , bewaffnet mit dem Hinterlader . Sie stürmten heran mit ihren langen flatternden Haaren wie Abgesandte des Beelzebub . Da krachte der erste Schuß . Der junge Deutsche , der wie geistesabwesend am Feuer sitzen geblieben war , sprang auf und griff krampfhaft nach dem Herzen . „ Barmherziger Gott , sei mir gnädig ! " — Das Blut quoll zwischen seinen Fingern durch , und langsam sank er rückwärts über den Baumstamm nieder . „ Jetzt hast ' s überstanden , Bruder , fahre wohl ! " sagte der Schweizer aufspringend ; er warf einen kundigen Blick über den Liegenden und verschwand mit mächtigem Satz in die Finsterniß . Eine gräßliche Verwirrung entstand in dem nächt¬ lichen Dunkel . Alles schrie und rannte entsetzt durch¬ einander . Tausend Commandos ertönten , aber Niemand achtete darauf . Jeder suchte sich zu retten oder eine Waffe zu ergreifen . Dazwischen wütheten die Reiter mit ihren unbändigen Pferden und schlugen erbarmungslos nieder , was sie erreichen konnten . Schuß folgte auf Schuß , aber Alles überschrie der Feind mit seinem Kriegs¬ geheul . Da gelang es endlich einer Abtheilung berittener Legionäre aufzuzäumen und zu satteln , wüthig nahm sie den Angriff des Feindes auf , und auch die französische Infanterie fing an , sich zu sammeln . Wild wogte der Kampf noch lange Zeit . Schließlich gelang es der europäischen Taktik , den wilden ungestümen Feind zu vertreiben . Spurlos , wie erschienen , verschwand er in den nahen marokkanischen Bergen . Als am folgenden Morgen die heiße WeihuachtS - sonne durch das Gewölk brach , da sah sie wieder auf die Gesichter der Erschlagenen und auf den blutigen zer¬ stampften Anger . Die hohen Palmen neigten ernst und düster ihre Wipfel im Morgenwinde , und trübe und traurig machten sich die Kameraden daran , ihre gefallenen Brüder zu bestatten . Als sie an die Stelle kamen , wo gestern das große Feuer geleuchtet hatte , da blieben sie stehen , entblößten unwillkürlich die Häupter , und in manchen grauen Schnurr - bart rollte eine heimliche Thräne . Da lagen zwei Leichen mit so selig verklärten Ge¬ sichtern und mit glücklich zufriedenem Ausdruck , daß mancher alte Soldat still vor sich hinbetete : „ Herr Gott , laß mein Ende einst auch so sein ! " Denn auch des alten Schweizers Schicksal hatte sich in dieser Nacht erfüllt . Zum Tode verwundet , hatte er sich bis zu seinem entschlafenen Kameraden geschleppt , um sterbend mit ihm vereint zu sein . Ja , der liebe Gott hatte ihnen selbst den Weihnachtstisch gedeckt und ihnen im Tode geschenkt , was ihnen das Leben versagt hatte , die Ruhe im Herzen und ein Wiedersehen derer , die sie hier im Leben geliebt hatten . Milde und heilig rauschten die hohen Baumkronen zusammen , und es kam die heilige Weihnachtsstimmung beim Anblick dieser Todten über alle , es ging ein Flüstern und Sehnen durch die Natur , und wie ein leiser himm¬ lischer Sphärengesang schien in jubelnden herrlichen Tönen der Lobgesang zu erschallen : „ Ehre sei Gott in der Höhe , — und Friede den Menschen auf Erden , die eines guten Willens sind ! " — » - > > > > — |