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Dinge zu. J ) Im Gegensatze zu Plato und Aristoteles findetdie Empirie als die wahre Quelle der Erkenntnis ihre Be-tonung bei den Stoikern und Epikureern. Die Lehre vonden allgemeinen Begriffen (y.oival evvoiai), welche sich beiden Stoikern findet, stellt sich in bewufsten Gegensatz zumRationalismus, in dem nach ihr die allgemeinen Vorstellungendurch Schlüsse aus der Gesamtheit der Wahrnehmungen zu-stande kommen. Die Allgemeinheit und Gemeinsamkeitdieser Grundbegriffe bedingt ihre Überzeugungskraft, ver-mittelst welcher sie auf alle Einzelerfahrung bestimmend ein-wirken. 2 ) Bei den Epikureern, für welche die Wahrheit derWahrnehmung über allen Zweifel erhaben ist 3 ), geht derEmpirismus vollständig in Sensualismus über, als dessen un-mittelbarer Nachfolger der Skepticismus sich einstellt. Pyrrhoerklärt die Sinnenwelt für die Erscheinung einer uns gänz-lich unbekannten Realität und hält es für das Beste, sichjedes positiven Urteils zu enthalten, da ein wahres Wissenfür den Menschen unmöglich sei. 4 ) An der hioyj) Pyrrhoshält auch Arkesilaos, der Stifter der neueren Akademie,fest und betont noch energischer, dafs es kein absolutesKriterium der Wahrheit gäbe.
Die mittelalterliche Scholastik verfolgt im wesentlichendie von Aristoteles eingeschlagenen Bahnen und trägt indurchaus dogmatischer Weise die Lehre von den angeborenenBegriffen vor, durch welche wir zur Kenntnis der »ewigenWahrheiten« gelangen. Erst am Eingange der neuerenPhilosophie wird der Versuch unternommen, ein bestimmtesMerkmal für die objektive Gültigkeit eines Bewufstseins-Inhaltes ausfindig zu machen, eine Aufgabe, welcher sichDescartes unterzogen hat. Nach ihm hat nur diejenige Er-kenntnis als wahr zu gelten, welche sich auf klare und deut-
*) Analyt. post. I 2, II, 19. Vgl. Zeller, Grundrifs, 155 ff.
2 ) Vgl. Zeller, Grundrifs, S. 204.
3 ) Vgl. Zeller, 1. c. S. 225.
4 ) Vgl. Zeller, I. c. S. 234.