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Die Weiterbildung der Kant'schen Aprioritätslehre bis zur Gegenwart : ein Beitrag zur Geschichte der Erkenntnistheorie / Rudolf Eisler
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setzung zustande kommt. *) Alles Wissen ist das Resultateiner Summe von Urteilen. Kant unterscheidet solcheUrteile, in denen das vom Subjekte ausgesagte Prä-dikat schon in ihm enthalten ist, als analytische,von den synthetischen Urteilen, in welchen das Prädikatzu dem Subjektsbegriffe neu hinzukommt. Findet dieseVerknüpfung auf Grund einer Erfahrung statt, so heifstein solches Urteil ein »synthetisches Urteil a posteriori«;erfolgt sie unabhängig von der Erfahrung und besitzt siedas Merkmal strenger Allgemeinheit und Notwendigkeit,dann erhebt sich die Frage, worauf sich solche synthetischeUrteile a priori stützen, da Erfahrung nur comparative All-gemeinheit zu geben imstande ist. Dafs es derartige Ur-teile giebt, beweist ihr Vorhandensein in der reinen Mathe-matik und der reinen Naturwissenschaft. Die Frage: Wiesind synthetische Urteile a priori möglich ? und ihre Beant-wortung ist der rote Faden, der sich durch die ganze Ver-nunftkritik zieht. 2 ) Was versteht nun Kant des Weiternunter der Bezeichnung a priori?

Der Terminus a priori findet sich zum erstenmale beiAristoteles , welcher die Erkenntnis eines Geschehens ausseiner Wirkung als a posteriorische, von der Erkenntnis ausder Ursache als einer apriorischen unterscheidet. s ) In dem-selben Sinne wird das Wort in der scholastischen Logik ge-braucht bis auf Leibniz herab, für den apriorische Er-kenntnis zugleich die Bedeutung einer Erkenntnis aus Be-griffen im Gegensatze zum empirischen Wissen besitzt. 4 )Der Unterschied zwischen apriorischer oder vernünftiger

>) Vgl. Prolegomena, Hrgb. von K. Schulz. S. 52. Kr. d. r. V.S. 105.

-) Kr. d. r. V. S. 39-42.

3 ) Vgl. K. Merkel, Über die Entsteh, u. inhaltliche Veränd. derbeid. philos. Ausdr. a priori u. a posteriori. In.-Diss. Halle 85. S.1317. Aristot. Analyt. poster. I. 2. >,tü icqoteqcc Aal yviüqif.aÖTEQacpvaei (ärtXajg) Jtqbg fyiag. ( a priori a posteriori).

') Vgl. Merkel. S. 4347. Erdmann, pag. 80, 37980.