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Die Weiterbildung der Kant'schen Aprioritätslehre bis zur Gegenwart : ein Beitrag zur Geschichte der Erkenntnistheorie / Rudolf Eisler
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Faktoren constituieren die Erkenntnis: i. die Beschaffenheitdes erkennenden Subjektes und die Formen seiner Thätig-keit und 2. objektive Veränderungen als Grund derÄufserung dieser Thätigkeit. Die Anregung zur Bethätigungdes Bewufstseins ist das empirische, die Form der Bethä-tigung das apriorische Element in der Erkenntnis. DieKennzeichen der Apriorität sind Notwendigkeit und Allge-meinheit; letztere versteht Lotze in dem Sinn, dafs »sobalddas Subjekt einer solchen Erkenntnis gedacht wird, auchdas zugehörige Prädikat als selbstverständlich mit ihm ver-bunden erscheint.« 1 ) Die apriorischen Wahrheiten drängensich mit einer Evidenz dem Bewufstsein auf, welche einesBeweises ihrer Richtigkeit nicht bedarf. ") Das Apriorischeder Erkenntnis ist nicht durch Induktion aus einzelnenBeispielen abstrahiert, sondern geht mit ursprünglicher All-gemeingiltigkeit.diesen Beispielen voran. 3 )

Das logische Apriori ist zu unterscheiden von dermetaphysischen Apriorität, von der Bedingtheit aller Er-kenntnis durch die Organisation des erkennenden Subjektes.Raum und Zeit sind apriorische Formen der Anschauung,haben aber nicht, wie Kant behauptet, blos subjektive Be-deutung. Wir würden nicht unsere Vorstellungen in dieOrdnung von Raum und Zeit bringen, wenn nicht unsereeigene Natur und die Gesetze unseres Vorstellens uns dazubefähigten und nötigten. l ) Der räumlichen und zeitlichenOrdnung müssen aber bestimmte Verhältnisse in denDingen an sich, deren Natur eine geistige ist und als derenErscheinung die materielle Welt sich darstellt, entsprechen.Um die raumerzeugende Thätigkeit der Seele zu begründen,stellt Lotze die Theorie der »Lokalzeichen« auf; er erblicktdieselben in bestimmten Qualitäten der Empfindungen,

) 1. c. S. 526.

2 ) 1. c. S. 580.

8 j I. c. S. 583.

4 ) 1. c. S. 521.