— 41 —
welche die Seele zu ihrer raumsetzenden Thätigkeit veran-lassen. 3 ) Ebenso apriorisch wie die Raumanschauung sindnach Lotze die Zahlgröise und die Grundformen desDenkens. Nicht vor aller Erfahrung sind die Formen derAnschauung und des Denkens im Bewufstsein enthalten;ihre Apriorität besteht in letzter Linie darin, dafs wir unsder apriorischen Wahrheiten (der mathematischen und phy-sikalischen Axiome), wenn auch erst oft nach Hinweg-räumung der in den Einzel-Erfahrungen vorliegenden Hin-dernisse, als allgemeiner und notwendiger Gesetze unmittel-bar bewufst werden. 2 ) Nicht von vornherein sind Denkenund Sein als identisch zu nehmen, sondern »das Denkenden logischen Gesetzen seiner Bewegung überlassen, trifftam Ende seines richtig durchlaufenen Weges wieder mitdem Verhalten der Sachen zusammen.« 8 )
Lange sucht Kants Apriori im psychologischen und phy-siologischen Sinne zu begründen, wobei er zugleich denUmfang des Apriorischen in unserer Erkenntnis erweitert.Er erblickt den Zweck der Kantischen Vernunftkritik in demAufsuchen der ersten Bedingungen der Erfahrung. *) DieAuffindung der apriorischen Bestandteile ist aber nicht, wieKant meint, selbst eine transcendentale Erkenntnis, sondernfindet auf dem Wege der Induktion und Reflexion statt. 5 )
Die apriorischen Formen der Erkenntnis liegen nichtfertig in der Seele, sind nichts angeborenes. 6 ) Die mathe-matischen Wahrheiten sind apriorisch, trotzdem sie oft
3 ) Medizin. Psychol. S. 381, 389, 418, 420.
2 ) 1. c. S. 584.
3 ) 1. c S. 552.
4 ) Geschichte des Materialismus, 2. Bd. 3. A. 1877. S. 28.s ) I. c. S. 29.
°) 1. c. S. 15—16.