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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
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Die Diskontpolitik.

Der Vermehrung der an die Reichsbank herantretenden Ansprüche stand keineVermehrung ihrer Betriebsmittel gegenüber (vergl. Tab. 26). Während sich mit derEntwickelung des Giroverkehrs die fremden Gelder der Reichsbank von 172 MillionenMark im Jahre 1882 auf 382 Millionen Mark im Jahre 1888 vermehrt hatten,trat jetzt in dieser Beziehung eine Stockung ein. Das Jahr 1890 wies nur nocheinen Bestand von 361 Millionen Mark fremder Gelder auf, 20 Millionen Markweniger als das Jahr 1888. Die Betriebsmittel erfuhren mithin in jener Zeit einerwirthschaftlichen Steigerung der Ansprüche sogar eine kleine Abnahme. Dabei ist jedochzu beachten, daß trotz der Abnahme der Giroguthabeu die Umsätze im Giroverkehr (vergl.Tab. 34) von 1888 bis 1890 eine Vermehrung von 64 Milliarden auf 80 MilliardenMark erfuhren, daß mithin die kleineren Guthaben in Folge intensiverer Ausnützunggrößere Dienste im Zahlungsverkehre leisteten.

Auch der Goldzufluß aus dem Ausland bildete in jenen Iahren kein Gegengewichtgegen die steigende Inanspruchnahme der Zentralbank (vergl. Tab. 16). Die Goldankäufeder Reichsbank erreichten zwar im Jahre 1888 den enormen Betrag von 236 MillionenMark, aber während der letzten Monate des Jahres versiegten sie/ ja es trat sogarein Goldabfluß ein, der in der Hauptsache seinen Weg über England nach Argentiniennahm. Während des ganzen Jahres 1889 konnte die Reichsbank nur sür 12 MillionenMark Gold ankaufen. Der Geldbedarf war eben damals auch im Ausland ein sehrlebhafter, besonders zog die Pariser Weltausstellung große Goldsummeu nach Frankreich .Auch während der drei ersten Quartale des Jahres 1890 war der Goldzufluß nurgering. Gegen Ende des dritten Quartals zog Rußland erhebliche Summen aus seinemin Berlin stehenden Guthaben in effektivem Gold zurück. Erst die letzten Monate desJahres 1890 brachten wieder eine stärkere Goldzufuhr. Bei der internationale» Aus-dehnung aller großen wirtschaftlichen Konjunkturell ist es eine natürliche Erscheinung,daß der überall gesteigerte Geldbedarf die Heranziehung großer Goldbeträge seitens eineseinzelnen Landes kaum ermöglicht. Um so wichtiger war es, daß die Neichsbank inden Iahren 1885 bis 1888 ihren Goldbestand so beträchtlich verstärkt hatte.

Die Ansprüche des inländischen Verkehrs in Verbindung mit der ungünstigenGestaltung der Goldbilanz bewirkten eine beträchtliche Verminderung des Goldvorraths derReichsbank (vergl.Tab.12, 13). Von 608 Millionen Mark im Durchschnitt des Jahres 1888sank er auf 519 Millionen Mark im Durchschnitt des Jahres 1890. Er hatte seinenhöchsten Stand erreicht am 23. Juni 1888 mit 702 Millionen Mark und kam aufseinen tiefsten Punkt an am 7. Oktober 1890 mit nur 412 Millionen Mark.

Auch der Silbervorrath der-Bank erfuhr eine Vermindcrnng, von 295 MillionenMark im Durchschnitt des Jahres 1888 auf 282 Millionen Mark im Jahre 1890.