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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
Entstehung
Seite
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lauf durch Himmel oder Hölle, durch Banken oder Bordellegeflossen? Gegenüber dem Unglauben und der Ichsucht desZeitalters, gegenüber millionenhaftem Hungerelend und Ar-beitslosigkeit, gegenüber der Überproduktion und Unverkäuf-lichkeit der notwendigsten Lebensgüter, gegenüber dem Wirt-schaftskriege und der Kriegspsychose, welche die Welt lähmenund Europa zerfleischen, bekennen wir nur zu leicht unserNichtkönnen. Auch ein starker Staat wird dieser Sündflut nursehr schrittweise urbares Land aberobern können.

Wir haben am falschen Ende angegriffen. Ein Gebiet gibtes, welches mit Gottes Hilfe voll und ganz unserer Herrschaftuntersteht: die eigene Seele und durch seelische Umstellungder eigene Körper das Ich als psychophysischesNaturwesen. Nur neue Menschen werden die neueGesellschaft aufbauen. Keine Weltbeherrschungohne vorangehende Selbstbeherrschung, keinesoziale Reform ohne Selbstreform!

In dieser Hinsicht sind wir, Kinder des 20. Jahrhunderts,außergewöhnlich günstig gestellt. Die Naturwissenschaftbietet uns mächtige Mittel der Naturbeherrschung.Physik und Chemie haben die äußere Natur weithin unter-worfen. Wir haben den Stickstoff zum Aufbau unserer Nähr-pflanzen derselben Luft entnommen, die wir im Flugzeugdurcheilen. Aber noch verhindern die Mängel der sozialenOrdnung, daß sich diese Erfolge zu unserem Nutzen aus-wirken. Bedeutet die Technik nicht auch gesteigertes Mittelzum Bösen? Giftgas! Maschine?

Wir stehen heute vor einem Wendepunkt der Menschheits-geschichte: Naturbeherrschung durch Wissenschaftverspricht in nicht zu ferner Zukunft ein technischgesichertes Gleichgewicht der Lebensversorgung beikürzerer Arbeitszeit als Vorbedingung gesteigerterKulturleistung. Aber erst unsere Enkel werden dieses ge-lobte Land betreten, wenn wir ihnen Vorarbeit an uns selbstgeleistet haben: Soziale Neuordnung erfordert sozial ein-gestellte Menschen seelischen und körperlichen Gleichgewichts.

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