Er hat das Weib geraubt oder gekauft. Eifersüchtig hat er denBesitz des Weibes verteidigt, als Starker oder Reicher die Zahlseiner Frauen vermehrt, nach der Art der polygamischen Fa-milie der ihm verwandten Großaffen. Kinder waren ein Neben-erzeugnis, von welchem härtester Kampf ums Dasein allesSchwächliche ausrottete. Dünne, stationäre Bevölkerung, harteunbesiegte Natur hemmten von allen Seiten her die Ausübungdes blinden und unersättlichen Triebes , ähnlich wie von Hun-derten schwärmender Drohnen nur einer die Königin erreicht,von Tausenden vorwirbelnder Spermatozoen nur einer dasempfängnisbereite Ei befruchtet. Abtreibung und Säuglings-tötung dezimierten neben Kriegen und Seuchen die Bevölke-rung.
Später hat die Religion allenthalben die Fortpflanzunggeschützt, das Erbgut erhalten, die Ehe geweiht, den Natur-trieb sozialen Zwecken eingespannt, vor allem im Ahnenkultus,in der Verehrung der kinderreichen Mutter, im Mutterrecht.
Für den Christen besteht die grundsätzliche Gleichberech-tigung der Geschlechter. Das Weib hat eine unsterbliche Seelewie der Mann, ist zur Gotteskindschaft berufen wie er. Vor-nehme Frauen haben vielfach die ersten Christengemeindengehütet. Die mittelalterliche Kirche zähmte den Naturtriebdurch ein hochgesteigertes Ideal: Ehe ist göttlichen Ursprungs,geeint durch beiderseitige Treue, verbunden auf Leben undTod, eine sittliche Aufgabe zur Heiligung der Gatten. DerMann ist das Haupt der Familie. Aber die Gottesmutter heiligtdas Weib als Gefäß des Gottesgeistes. Bei pflichtmäßig unbe-grenzter Hingabe der Frau hat der Mann das Weib zu schützen,erforderlichenfalls auch durch geschlechtliche Enthaltsamkeit.Tatsächlich hat die nur halb bezähmte Natur im Mittelaltersich in fürchterlicher Kinder- und Frauensterblichkeit aus-gewirkt. Auf der andern Seite hat die Kirche dem Ehestandeals einem Beruf irdischen Ursprungs und Wirkungskreises dieVirginität vorgezogen als unmittelbare Beziehung der Men-schenseele zu Gott ; sie hat im Zölibat spirituelle Zwecke demFortpflanzungszweck übergeordnet.
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