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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
Entstehung
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Bevölkerung, zwischen Zeiten der wirtschaftlichen Hoch- undTiefkonjunktur. Die Besserung der Wirtschaftslage verminderteher die Geburtenziffer, weil sie die Mittel der Geburtenkon-trolle mehr Menschen zugänglich macht. Wirkungslos erwiesensich bisher die Bemühungen des Staates; wirkungslos verhalltendie Predigten der Eugeniker: die Belange der Lebenden über-wogen die der Ungeborenen. Wo der Eigennutz vorherrscht,gilt immer wieder das Wort jenes spöttischen Franzosen:qu'est ce que la posterite a fait pour moi?" Was hat die Nach-welt für mich getan, das mich zu Opfern für sie verpflichtet?Die Statistik beweist, daß es sich in letzter Linie um eine Welt-anschauungsfrage handelt: das katholische Nordbrabantund Quebec haben noch etwa doppelt so hohe Geburtenziffernals das protestantische Holland oder Britisch-Columbia. Aberan dem Unglauben Frankreichs scheitert selbst die katholischeKirche .

Amerika ist in diesen Dingenfortschrittlicher" als dasrückständige Europa. Noch 1835 bezeichnete Tocqueville dieÜberlegenheit der amerikanischen Frau als einen Hauptgrundfür die wachsende Macht ihres Volkes: das Eheband sei heiligund kinderreich, freie Gattenauswahl ohne wirtschaftlicheNebenerwägung sei entscheidend für den Eheabschluß. Aberdie Entwicklung hat sich überschlagen. Amerika hat das Weibvermännlicht von der Stammutter zur Kulturträgerin, welchein Flirt und Ehe, in Kunst und Literatur, im Hause und in derSchule den Ton angibt. Amerikanische Bildhauer beklagenheute die schmalen Hüften, die breiten Schultern, die flacheBrust ihrer weiblichen Modelle, die Ausbildung der Musku-latur auf Kosten der weichen Linie. Solche Frauen sind keineGebärerinnen. Der Mann dagegen verdient im Geschäft, umim Hause zu dienen. Tatkraft und Zähigkeit, Herrentum undWagemut starker Männer hatten dereinst die anglo-amerika-nische Welt emporgetragen, deren Grundquadern der Feminis-mus heute zermürbt. Das Weib selbst aber verliert am meistenmit dem Aussterben dieser männlichen Eigenschaften. WievielEheglück wird durch die Ausgleichung der Geschlechtsunter-

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