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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
Entstehung
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beim Menschen in das Bewußtsein. Er durchleuchtet seineSeele als Gottes Licht und bleibt als Funke lebendig, der trotzaller Verdunkelung immer wieder zur Flamme angefacht wer-den kann. Mit der Teilnahme am Gottesgedanken wird demMenschen der Vorzug der Freiheit, während alles anderesichtbare Sein dem Gotteswillen ohne Wahl und Bewußtseindient.Er kam in sein Eigentum, und die Seinigennahmen ihn nicht auf. Denen aber, die ihn aufnah-men, gab er die Kraft, Gottes Kinder zu werden, dienicht aus dem Fleische, sondern aus Gott geborensind." Dem Menschen als dem einzigen Naturwesen, das wirkennen, eignet die Sünde wie die Wiedergeburt: die Abkehr vonGott, wie die Heimkehr zu Gott .

Alles dies ist uralte Weisheit, dem Menschen keimhaft mit derMenschwerdung geschenkt, einfach wiejedeletzte Wahrheit, vomChristentum dem Abendländer zur Weltreligion aufgegeben.

Aber die Jünger Jesu besaßen ein besonderes Erlebnis, dasdiese Weltanschauung zur Glaubensgewißheit steigerte, dieGnade Gottes verbürgte und ihre Kräfte in das Übermenschlichesteigerte: die Versichtbarung des Gottesgeistes im Meister. DieWeltanschauung verdichtete sich ihnen zur Historie und dieHistorie stieg zur Weltanschauung auf:Der Logos wardFleisch und zeltete unter uns, und wir sahen seineHerrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater,voller Gnade und Wahrheit." Derselbe greise Jünger, aufden diese Worte zurückgeführt werden, Johannes sprach inErinnerung an seine Jugend vondem Logos des Lebens", denseine Augen geschaut und seine Hände betastet haben. In die-sem Erlebnis wurde ihm der Weisheit letzter Schluß:Gott ist Liebe." (I. Joh. i V. i; 4 V. 16.)

Nicht, daß diese ersten Schüler und Zeitgenossen des Mei-sters vor uns bevorzugt wären. Jedem von uns und immer wie-derist dieses Johanneserlebnis zugänglich in der Gestalt des echtenJüngers, der unsern Lebenspfad kreuzt, um uns ein Christus zuwerden. Unter seinem Eindruck wird uns der verklärte Meisterlebendig wenigen Erwählten bis zur Versichtbarung.

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