Für die Vergangenheit sind die Ideen als Zielsetzungendes Zeitalters sozialpsychologische Tatsachen erster Ordnung.Nach ihren Ideen formten lebende Menschen ihre Geschichte.Der ursächliche Zusammenhang zwischen Idee, Wirtschaft undPolitik leuchtet als Zweckursache unmittelbar ein; er wird vomHistoriker nachfühlend aufgewiesen. Dahinter liegt das Gebietdes Unerforschlichen, in das nur unerlaubte Geschichtsmeta-physik — ein Hegel gegen Ranke — einzudringen wagt. Er-schaut und gekündet vom Seher, wurden die Ideen ergriffenund verkörpert vom Fiel den, wobei stets ein Rest unbewäl-tigten Stoffes zurückblieb.
Die Gegenwart bietet dem handelnden Menschen die Frei-heit des Wählens und Richtens. Glaubte er an die Voraus-bestimmtheit der Zukunft, so würde er aufhören zu handeln.Sein Wissen lähmte seinen Willen. Nicht das Abstraktum „Ka-pital" beherrscht nach Marx in metaphysischer Eigengesetz-lichkeit die Menschen, sondern handelnde Menschen bedienensich jener Erwerbsgüter, die unter bestimmter psychologischerEinstellung „Kapital" genannt werden, je nach ihren Zielen.Sie bedienen sich ihrer frei zum Guten oder zum Bösen. DasHeute ist der Herr des Morgen!
Was aus der abendländischen Kulturwelt, einem Trümmer-feld riesiger, auseinanderbrechender Quadern, einmal wird,hängt von der Ideenwelt ab, die als Plan des Umbaus vor-schwebt, und von der Stärke des Willens, die diesen Plan demungefügen Stoff aufnötigt. Eine Hoffnung des Gelingens gibtdie geistige Einstellung des Nachkriegsgeschlechts in nahezuallen Ländern der abendländischen Welt. Unbefriedigt vonbloßer Erkenntnis, sucht es die Freiheit und die Verantwort-lichkeit der Tat, um zu ändern, bessern, gestalten. An Stelledes entmannenden Intellektualismus trat ein kühn vorstoßen-der, festzugreifender Voluntarismus, wie er in Fichte seinenPropheten gefunden hat.
Aber diesen Menschen des Willens und der Tat droht einhochgefährlicher Irrtum. Wollen ohne Wissen ist blind.Es scheitert an der harten Tatsächlichkeit; es endet nur zu leicht
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