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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
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II. Ernährung

Der Urmensch, in häufigem Nahrungsmangel lebend, sich voll, wenner etwas hatte, setzte Fett in guter Jahreszeit an, um dann wochenlang zuhungern. Der sog. Kulturmensch, der durch die Technik des Mangels weit-hin Herr geworden ist, ißt sich voll, um die Verdauungsorgane zu über-lasten und zur Unschädlichmachung übermäßiger NahrungsaufnahmeEnergien aufzuwenden, die er damit höheren Zwecken entzieht. In derMißkultur unserer Tage sind Fehler der allgemein üblichen Ernäh-rung nicht nur die Ursache zahlreicher Krankheiten, sondernauch von Mißmut, Reizbarkeit und Depression, die der Menschauf die Gesellschaft zurückwirft alsschlechte dumpfe Luft oder Gewitter-wolke". Nichts hat nach Nietzsche die Entwicklung der Menschheit so sehrzurückgehalten wieder vollkommene Mangel an Vernunft in der Küche";in ihren dunstigen Schwaden leuchteten Männer wie Bircher-Benner und I. H. Kellogg mit der Leuchte der Wissenschaft.

Die pflanzliche Ernährung entspricht der biologischen Natur desMenschen, der anders als die karnivoren Tiere keine Knochen zermalmt,auch nicht mit Fangzähnen die Beute packt. Von genialen BahnbrechernR. Wagner, Leo Tolstoi , B. Shaw in den Mittelpunkt der Wiedergeburts-lehre gestellt, ist die vegetarische Lebensweise den Mitmenschen weder auf-zudrängen, noch auch nur anzuraten. Der Lebensreformer verbreitet siedurch sein Beispiel: gehobene Leistung bei Arbeit und Sport, Frohsinn undTatkraft. Wir bewunderten die körperliche Kraft der Millionen russischerKriegsgefangener, obgleich für den russischen Bauern Fleisch seit alters einseltener, kaum erschwinglicher Luxus war. Trotz tief gewurzelter Gegner-schaft und ohne daß maßvolle Fleischnahrung im landläufigen Sinneschadet, ist doch die pflanzliche Ernährung heute im Vordringen. DieVerbrauchsgewohnheit verschiebt sich vom Fleisch zur Pflanze und Milch,vom Getreide zum Obst und Gemüse. Es entspricht dies ebenso dem ur-sprünglichen Wesen wie den hochgestellten Zielen des Menschentums.

Der Lebenserneuerer beschafft sich die Körpersubstanz aufbauendenEiweißstoffe durch Milch und Milcherzeugnisse, Vollkornbrot, Nüsse,Hülsenfrüchte usw. - aber er hält hierin Maß, gegenüber der weitverbreite-ten Überernährung an Stickstoffverbindungen. Er beschafft sich die dermechanischen Bewegung und Wärmebildung dienenden Kohlenhydratedurch Getreideerzeugnisse, Kartoffel, Reis u. ä.; er bevorzugt solcheMehlprodukte, welche Kleie und Kleber enthalten, statt letztere als Abfalldem Viehfutter zuzuführen. Aber er legt sich auch hierin Beschränkung auf,besonders im Zucker, zugunsten der an Nährsalzen und Vitaminen reichenFülle von Gemüsen, Kräutern, Früchten. Er wählt die Gabender Jahreszeit und lebt mit dem aufsteigenden und absteigenden Jahre.Er liebt wohlgewählte, nicht ausschließliche Rohkost Obst, Salate.

Der Lebenserneuerer vermeidet die Reizmittel, mit denen der sog.Kulturmensch versagende Nerven aufpeitscht und damit nur den Zu-sammenbruch hinausschiebt. Er vermeidet Kaffee, Tee, Alkohol, vor allemdas schädliche Nikotin. Ohne rigoros zu sein, wird er richtig zubereiteten

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