die durch Übung erheblich verlängert werden können. Solche Atemübun-gen haben den Vorteil nicht nur verstärkter Sauerstoffzufuhr, sondern füh-ren zugleich zur Beherrschung des Körpers und zur Sammlung der Seele.Richtig durchgeführt, erlauben sie kein Abschweifen der Gedanken undsind daher wertvolles Mittel gegen Schlaflosigkeit. Sie dienen der Herstel-lung des inneren Gleichgewichts. Bei seelischen Erregungen, zehrendenSorgen, jähen Zusammenbrüchen, in größter Not atme und wieder atme,bete und wieder bete — das eine mit dem andern — ebenso bei entscheiden-den Entschlüssen und wichtigen Verhandlungen.
Gewisse Berufe sind dem Atem förderlich. Volksredner, akademischeLehrer, Prediger, Opern- und Konzertsänger besitzen bei erweitertemBrustkorb, beweglicheren Rippen, verstärktem Zwerchfell, reichlichererSauerstoffaufnahme einen gesundheitlichen Vorzug vor den schweigendenBerufen. Sprechunterricht lehrt, die Stimme zu schonen und mit demAtem hauszuhalten — hochwichtig für angehende Redner! Er bringt denherrlichen Wohllaut unserer Sprache in das Bewußtsein und verlegt dieLautbildung aus dem krächzenden Kehlkopf in das freudige Wechselspielvon Lippe, Zunge und Gaumen. Die Resonanz von Brust und Kopf,letzthin eine Vibration durch den ganzen Körper, trägt den Laut zumHörer, wo er ähnliche Schwingungen auslöst, welche mit den seelischen Strö-mungen zusammenfließen. (Ed. Engel Bahnbrecher!)
Hochvorteilhaft ist der Gesangsunterricht, welcher alle Vorteile desAtem- und Sprechunterrichts vereinigt. Im Gesang steigt die Atmung zurKunst, um Seele und Körper zur harmonischen Einheit zu verschmelzen.
Gewisse Arten des Sports sind besonders förderlich für die Atmung:Schwimmen, Rudern, vor allem Bergsteigen. Wie bevorzugt ist der, welcherden täglichen Spaziergang mit Steigen und Klettern im herrlichen deut-schen Mittelgebirge verbinden kann, welcher Tannenduft und Bergeslufttäglich atmen darf oder in den Ferien der verdünnten Luft des Hochgebirgesteilhaft wird, die zur Tiefatmung zwingt. Der gesundheitliche Vorteil desoffenen Autos ist der, daß es Luft in die Lunge hineinpreßt.
Aber alle diejenigen, die durch Beruf und Wirtschaftslage genötigt sind,auf diese Vorzüge zu verzichten, sollten um so eifriger jede Gelegenheit derLuftzufuhr ergreifen: offene Fenster während der Büroarbeit statt herme-tisch geschlossener, oft fiskalisch überheizter Schreibstuben! Sie sollten min-destens zwei Stunden des Tages in freier Luft verbringen, wenigstensden Weg von der Arbeitsstätte nach Hause zu Fuß zurücklegen. Sie solltenvor allem bei offenem Fenster schlafen. Die Gewohnheit, bei ge-schlossenem, womöglich noch verdunkeltem Fenster, gar im geheizten Zim-mer zu schlafen, ist mörderisch. Schlaf bei offenem Fenster, besser im Freienaufgedeckter Veranda, des Sommers wie des Winters, nicht bei Nebel, ohneim Bett zu frieren, ist der erste Schritt zur Lebenserneuerung, ohne den keinzweiter getan werden kann. Er dient der Verbündung des abgekapseltenIch mit den Kräften des Weltalls, das von Gott ist und zu Gott strebt.
Die neue Menschheit fängt bei der neuen Atmung an.
151