Kaffee oder Tee in schwachem Aufguß zu unschädlicher Anregung ge-legentlich nicht verwerfen, auch wohl den Wein als Festtrunk nicht ver-weigern. Aber bei durchgeführter Lebensreform wendet sich der Instinktganz von selbst von dem Alkohol ab. Der Lebenserneuerer greift gern zu denunvergorenen Traubensäften und ehrt in ihnen den Weinstock als uraltesKulturgebilde. Qualität, nicht Quantität erwünscht!
Es ist etwas Wahres an der alten Volksweisheit, „sich gesund hungern",nach der Art des naturnahen Tieres. Nicht wenige Menschen wurden beiVermögens verfall aus diesem Grunde gesünder. Bei Indisposition empfiehltsich Ausfall einer Mahlzeit oder Einschaltung eines Fasttages. UnruhigerSchlaf, quälende Träume sind nur zu oft die Folge unbeherrschter Materie,überfüllten Magens, schwer verdaulicher Nahrung. Nach einem Worte derAlten ist der den Göttern am nächsten, der am wenigsten bedarf. Das Evan-gelium verbindet Beten und Fasten: Entschlackung des Körpers ebnet derSeele den Zugang zu Gott .
Mäßigkeit und Frohsinn bei Speise und Trank! Zwei, höchstensdrei Mahlzeiten am Tage. Ausschaltung der Tagessorgen während der Mahl-zeit. Dank gegen oben und Friede mit den Tischgenossen! Dies die Be-deutung des Tischgebets, das nützlich und wirkungsvoll als ein Augenblickder Sammlung vor Beginn der Mahlzeit eingeschaltet wird. Niemals in Hastessen! Sorgfältig und bewußt kauen! Je besser man kaut, desto besser assi-miliert man die Nahrung und braucht weniger an Menge. Langsam essen,nichts hinunterschlingen — Freude am Wohlgeschmack der Nahrung, dermit Verfeinerung des Nervenapparats in erstaunlicher Weise zunimmt!
Reichlich trinken außerhalb der Mahlzeiten, besonders des Morgensund Abends. Zu empfehlen ist der Genuß der vorzüglichen Teepflanzen undFruchtsäfte der Heimat. Dagegen ist zeitweises kurgemäßes Dürsten ebensoein Heilmittel wie Fasten (Schrotkur).
Die Kopfarbeit vollzieht sich am besten und leichtesten am frühenMorgen vor dem Frühstück oder nach leichtestem Frühstück, ehe die Ner-venkraft der Verdauungsarbeit zugeführt wird. (Kant.) Der Schwerpunktder Ernährung liege auf dem Mittagsmahl oder spätem Frühstück beileichter Abendmahlzeit, um nicht den Schlaf zu stören und dasTraumleben zu zerrütten.
Regelmäßige und reichliche Verdauung ist Pflicht der Gesundheit undder Sauberkeit bei Gefahr der Selbstvergiftung vom Darm her. Naturheil-kunde und Reformküche bieten eine Fülle von unschädlichen Hilfsmitteln.
Erfreuliche und anregende Tischunterhaltung ist zwischen die Ge-richte zu verlegen, um während des Essens nicht zu reden, vielmehr dieNahrung, gut kauend, auszukosten; vor allem während des Essens nichtstreiten, nörgeln, klagen!
Niemals ohne Appetit essen, dem Instinkt lauschen und folgen.Aufhören, wenn es am besten schmeckt. Was wir stehenlassen, nutzt unsoft mehr, als was wir essen. Je älter man wird, desto weniger, je geistigerman wird, um so verfeinertere Nahrung braucht man.
Der vegetarischen Lebensweise wird häufig der Vorwurf gemacht, daßsie kostspielig sei. Beispiele beweisen, daß sie zwar nicht mehr Geld,aber mehr Liebe und Verstand in der Küche erfordert als die
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