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Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
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schnellen Gewinn denken, um zu Ehre und sorglosem Daseinzu gelangen 1 ."

Wer waren die Arbeiter in diesen staatlichen oder halb-staatlichen Fabriken, welche, nach einer wohl unausgeführtgebliebenen Verordnung, uniformiert 2 gehen sollten? Sem-jewski giebt in seinem trefflichen Buche über die Bauernzur Zeit Katharinas II. hierüber eingehende Auskunft.Waren schon Fabrikanten, welche sich freiwillig dem Ge-werbe gewidmet hätten, schwer zu finden, so war dieseSchwierigkeit hinsichtlich der Arbeiter noch gröfser. Wieman Soldaten zwangsweise konskribierte, so war auch dieFabrikarbeit eine zwangsweise zu leistende Pflicht der Bauern-schaft. In erster Linie entnahm der Zar, welcher ja einengrofsen Teil aller Bauern zu Eigentum besafs, diesen Staats-bauern das zur Industrie erforderliche Menschenmaterial.Staatsbauern teils mit, teils ohne Land bildeten die üblicheAusstattung zu gründender. Fabriken; diese Bauern wurdenfür ewig" den Fabrikenzugeschrieben", d. h. immobilePertinenzen des als ewig, in seiner Art und Gröfse als fest-stehend angesehenen Fabrikunternehmens.

Daneben erhielten die Fabrikanten schon von Peter d. Gr.das Recht, Leibeigene für die Fabriken von den Gutsherren zukaufen 3 . Nach einigen Schwankungen bestätigte Kaiser Paul I.noch 1798 dieses Recht, welches 1802 von AlexandeiT. beschränktwurde. Es wurde damals verboten, die Fabrikleibeigenen vonder heimatlichen Scholle loszulösen und anderwärts in Fabrikenzu verwenden. Hier wie sonst bedeutete also die Behandlungdes Menschen als Pertinenz des Bodens statt als beweglicherSache eine Milderung der Unfreiheit. Erst 1816 wurde dasRecht der Fabrikanten, Leibeigne mit oder ohne Land fürdie Fabriken zu kaufen, endgültig aufgehoben 4 .

1 Nisselowitsch, Geschichte der russ. Fabrikgesetzgebung.Petersburg 1883. Teil I, S. 82.

2 Semjewski, Bauern zur Zeit Katharinas II. Petersburg 1881.I. S. 463.

3 Semjewski a. a. 0. S. 394.

3 Tugan-Baranowski a. a. 0. S. 88.