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Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
Entstehung
Seite
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aufserordentlich begünstigt. Im Norden begrenzt von derWolga, im Süden von der Oka , durchschnitten von schiff-baren Nebenflüssen, steht der Industriebezirk in Verbindungmit den entferntesten Teilen des Reiches; seine Lage ist indieser Hinsicht wirklich central.

Die Bedeutung der Wolga als Wasserstrafse ist uralt,schon deswegen, weil sie den Getreide ausführenden Südenmit dem Getreide einführenden Norden verbindet. Dort woder Thalverkehr dem Bergverkehr etwa gleichkommt, zwischenNischni und Ribinsk ist noch heute die belebteste Strecke desganzen Stromes 1 . Seit alters wurden hier Getreide gegenHolz, orientalische gegen europäische Ware getauscht; undgerade dieser Strecke des Stromlaufes schmiegt sich im Südender Industriebezirk an.

Von ihm aus weist die Wolgastrafse nach Süden bis zuden Küsten Persiens, den Naphthaquellen Bakus und dem Aus-gangspunkte der uralten indischen Karawanenstrafse, jetzt dertranskaspischen Eisenbahn. Im Osten setzt die Wolga sichfort durch das Stromgebiet der Kama bis zu den Eisenwerkendes Ural; da der Ural bekanntlich kein Grenzgebirge ist, sobedarf es nur einer geringen Land-, jetzt Eisenbahnverbindungmit den Stromgebieten Sibiriens . Nach Norden und Westenbreitet sich ein plattes, wasser- und seenreiches Land. Mitgeringer Mühe liefs sich hier ein Kanalsystem anlegen, welchesvon Ribinsk abzweigend, die Wolga mit dem Baltischen unddem Weifsen Meere verbindet; auf diesem Wege vollzieht sichnoch heute ein Teil der Getreideversorgung Petersburgs undder Getreideausfuhr Rufslands über die Baltische See. DerIndustriebezirk liegt ferner, wie die Karte zeigt, zwischen denbeiden städtischen Mittelpunkten, welchen vor allen anderneine allgemein russische Bedeutung zugeschrieben werden mufs:zwischen Moskau und Nischni-Nowgorod .

1. Moskau . Die natürlichen Vorzüge seiner Lage er-hoben das Wolga -Okabecken vor Jahrhunderten zur politischen

1 So Besobrasoff, Economie nationale de la Russie. St. Peters-boui-g 1883. Band I, S. 86.