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russische Industrieprodukte von der Messe mitzunehmen.Durch ein wertvolles Ausfuhrobjekt, welches mehr und mehran Bedeutung gewinnt, die Rohbaumwolle, werden diese Trans-kaspier zunehmend kaufkräftige Abnehmer der russischenIndustrie.
Den asiatischen Gewohnheiten aber entspricht noch heuteund auf lange hinaus der Mefshandel. Soweit nicht unter denVolksgenossen geheiligte Überlieferung die Preise festsetzt,ist der Kaufmann noch heute wie vor alters der „Überlister".Der Asiate mifstraut den zugesandten Mustern und Waren-proben ; er will die Waren selbst sehen und untersuchen. Erglaubt sich übervorteilt, wenn der Preis ohne stundenlangesFeilschen zustande kommt. Denn er sucht seine persönlicheSchlauheit beim einzelnen Geschäft in die Wagschale zuwerfen; nicht Angebot und Nachfrage bestimmen für ihn diePreise, sondern das Mafs gegenseitiger Geriebenheit.
Diesen Gepflogenheiten aber kommt der Mefshandel ent-gegen. In demselben Verkaufslokal werden in derselbenStunde, ohne dafs irgend welche Umstände sich geänderthätten, dieselben Waren oft zu den allerverschiedensten undgeheimgehaltenen Preisen verkauft. In der Abneigung desAsiaten gegen öffentliche Preisfestsetzung liegt auch für dieZukunft eine gewisse Bedeutung der Messe zu Nischni ge-sichert.
II. Die Leineniiidustrie in Wladimir.
Obwohl Wolle und Flachs seit jeher in Rufsland ge-sponnen und verwoben wurden, obwohl Rufsland diese Roh-stoffe noch heute in Masse besitzt und ausführt, so ist es,ähnlich wie in England , nicht die heimische Textilfaser,sondern die Baumwolle gewesen, auf deren Boden sich diebedeutendste Fabrikindustrie Rufslands aufbaute 1 . Diese That-
1 Ich brauche „Fabrik" nach dem Sprachgebrauche, der durchMarx eingebürgert wurde, im Sinne von G-rofsindustrie mit Anwendungdes mechanischen Motors und der Werkzeugsmaschine. Die älteren