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Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
Entstehung
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ein solcher wäre unverkäuflich gewesen; er konnte nur in-dustrieller Natur sein. Dieselbe Hausgenossenschaft verspannund verwebte die selbsterzeugte Flachsfaser, ja sie besorgteauch das Färben, soweit ein solches überhaupt stattfand. MitErweiterung der Produktion mochte sieVerwandte und Be-kannte" zu Hilfe ziehen; äufserlich mochte der Bauernhof dasAussehen einer Webmanufaktur annehmen, innerlich warer, solange die alten Verhältnisse fortdauerten, einer modernenGewerbeunternehmung so entgegengesetzt wie möglich. Dennjene Hilfspersonen wurden nach dem Rechte derPrimaki",d. h. in die Stellung blutsverwandter Genossen aufgenommen.Die Familie war eine Produktionsgenossenschaft zu gleichenRechten h

Der Verkauf des Überschusses der Produktion vollzogsich zunächst auf dem Markte (Bazar) des Heimatsdorfes, wienoch aus den sechziger Jahren berichtet wird. Der Bericht-erstatter klagt darüber, dafs die Bauern-Weber den in dieKaufmannsgilden eingeschriebenen und dafür Steuern zahlendenFabrikanten Konkurrenz machten 2 . Übrigens ergiebt derselbeBericht zugleich, dafs die Entwicklung in jener Zeit bereitsüber jene ursprünglichen Zustände hinaus war. Nur mehr dieschlechtesten Sorten der in Iwanowo gangbaren Gewebewurden von den Bauern als Selbstunternehmern erzeugt undzu Markte gebracht; die besseren entstanden in der Haus-industrie und der Manufaktur. Auch deutet ein anderergleichzeitiger Bericht 3 an, dafs die Kleinverkäufer auf denländlichen Bazaren vielfach hausindustrielle Arbeiter waren,welche in truck bezahlt wurden.

Neben dem ländlichen Bazar stand als weiteres Mittel,den Überschui's der bäuerlichen Produktion zu vertreiben, der

1 Vergl. Max Weber, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften.Stuttgart 1889, S. 53 ff.

a Vergl. Industriehote 1858, S. 103121 (Artikel von Schuroff).

3 Vergl. den Wladimirschen Gouvernementsanzeiger, Dezember1853, Nr. 50, S. 310, 311.