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Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
Entstehung
Seite
310
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Die Waldzone wird im Norden begrenzt von der polarenTundra, welche aller Wirtschaftsentwicklung feindlich ist. Diesüdliche Grenze der Schwarzerde bilden teils Meere, teils derAlpenwall des Kaukasus, teils nach Osten hin Salzsteppen undSandwüsten.

Aber sowohl innerhalb der Waldzone wie der Schwarz-erde hat man weitere Unterscheidungen vorzunehmen.

Im nördlichen Teil der Waldzone überwiegt Wald undWasser, letzteres oft in der Gestalt von Sumpf und See. DerMensch lebt hier in erster Linie von Waldwirtschaft, da-neben von Holz verarbeitenden Hausindustrieen. Die Land-wirtschaft ist hier wilde Feldwaldwirtschaft (Brennwirtschaft) 1 ;die vorwiegend mit Hafer,Roggen,Flachs bestellten Felder werdennach ihrer Erschöpfung wieder dem Waldwuchs überlassen. DasAckerareal ist verschwindend gegenüber der Masse der Wald-bestände. Das Gebiet dieser primitiven Wirtschaftsverhältnissedeckt die Gouvernements Archangel, Olonetz, Wologda , Teileder Gouvernements Novgorod, Kostroma , Wjatka und Perm.

Im südlichen Teile der Waldzone spielt neben Holz-produktion und -bearbeitung der Flachsbau vielfach eineleitende Rolle; der Flachs wird gesät teils in regellosemWechsel mit dem Waldwuchs, teils auf besonderen, gedüngtenFeldern, oft in Wechsel mit Klee. Die Hauptsitze der Flachs-kultur sind die Gouvernements Pskoff, Witebsk, Novgorod ,Jaroslaff, Kostroma, Smolensk, Teile von Wologda . Stellen-weise tritt im südlicheren Teile der Waldzone auch dieMilchwirtschaft in den Vordergrund, unter dem Einflufsder hauptstädtischen Verbrauchscentren.

Der Schwerpunkt der russischen Landwirtschaft, wie derrussischen Nation überhaupt, liegt jedoch nicht in dem dünn-besiedelten Norden, sondern auf dem Boden derSchwarz-erde ". Zwischen beide schiebt sich, wie wir oben sahen, derIndustriebezirk Moskaus , Wladimirs und Tulas.

Auch die Schwarzerde zerfällt in zwei von einander zuscheidende Zonen. Der nördliche Teil erfreut sich gemäfsigten

1 Vergl. Schischkin, Landwirtschaftslehre. Bd. II, S. 15 ff.