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1 (1930) Vom Staatssekretariat bis zur Marokkokrise
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PHILIPP EULENBURG , DER FREUND

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war fast zwanzig Jahre älter als ich, hatte viel erlebt und kannte den Mon-archen noch genauer als ich.Gott gebe", meinte er,daß Ihre Ehe mitdem Kaiser gut geht. Mit Bismarck kam es nach kaum zwei Jahren zurScheidung. Man hat mich beschuldigt, dazu mitgewirkt zu haben. Das istein ungerechter Vorwurf, ich konnte den Bruch aber leider nicht verhindern.Mit Caprivi ging es gar nicht, der hat nichts als Dummheiten gemacht,wußte auch den Kaiser nicht zu nehmen. Mit Hohenlohe sah es schon besseraus, aber eigentlich doch nur, weil er sich vollkommen passiv verhielt.Eine solche Passivität des Reichskanzlers, des verfassungsmäßig einzigverantwortlichen Beamten im Reich, ist aber auf die Länge bedenklich.Wir müssen einen Reichskanzler haben, der im Reichstag Rede und Ant-wort stehen kann, der seine Gegner abführen und so sprechen kann, daßdie Nation die Ohren spitzt. Wir brauchen wieder eine Persönlichkeit."Der alte Lucanus schwieg einige Minuten, indem er an seiner Zigarre sog.Das große Problem ist, wie lange ein Reichskanzler, der eine Persönlichkeitist und nun gar eine mehr oder weniger brillante Persönlichkeit, es mit demKaiser macht." Wieder schwieg der vielerfahrene alte Herr und schloß,indem er mir nochmals die Hand drückte, mit den tröstlichen Worten:Das wollen wir Gott anheimstellen."

Er wandte sich dann weniger schweren Problemen zu und erzählte mirmit gutem Humor, daß mein Freund Phüipp Eulenburg das möglichste getan Lucanus überhätte, meine Ernennung zum Reichskanzler zu hintertreiben. Beileibe nicht Eulenburgsdurch direkte Angriffe noch in heftiger oder gewaltsamer Weise, sondern Zweckeindem er dem Kaiser eine herzerschütternde Beschreibung von meinemangegriffenenen Gesundheitszustand gemacht und wehmütig hinzugefügthätte: Wer mich heb habe, müsse wünschen, daß der bittere Kelch desReichskanzleramts an mir vorübergehe. Er habe dem Kaiser eine be-ängstigende Schilderung von einemfürchterlichen" Hautausschlag ge-macht, der mich in Norderney befallen hätte, während er, Eulenburg, zumBesuch bei mir an der Nordsee geweilt habe. (In Wahrheit handelte es sichum einen völlig ungefährlichen Nesselausschlag, den ich mir durch allzureichlichen Genuß von Krevetten zugezogen hatte und der vorüberging, alsich zwei Gläser heißes Wasser mit einer Auflösung von Kochsalz zu mirgenommen hatte, ein Rezept, das ich jedem empfehle.) Ich frug, ob Philietwa selbst hätte Kanzler werden wollen.I wo!" meinte Lucanus.Dastraut er sich denn doch nicht zu. Er poussierte die Kandidatur von Hohen-lohe-Langenburg, um dann als Statthalter nach Straßburg zu gehen, wasdas Ziel seiner Wünsche ist." Aus seiner Reisetasche, welche die SeinerMajestät anläßlich des Kanzlerwechsels zur Unterzeichnung vorzulegendenSchriftstücke enthielt, holte Lucanus einen Artikel derPfälzischen Rund-schau" hervor, in dem von einer mysteriösen Reise des Botschafters