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4 (1931) Jugend- und Diplomatenjahre
Entstehung
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I. KAPITEL

Frankfurt a. M. Elternhaus Frankfurter Diplomaten Der Gesandte von Bismarck-Schönhausen Erster Unterricht durch Gouvernanten und Hauslehrer Erziehungs-grundsätze des Vaters

Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,Bist alsohald und fort und fort gediehenNach dem Gesetz, wonach du angetreten.So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,So sagten schon Sibyllen, so Propheten:Und keine Zeit und keine Macht zerstückeltGeprägte Form, die lebend sich entwickelt.

Goethe setzte diese Verse an die Spitze seiner Orphischen Urworte. Erbemerkte dazu, daß die wenigen Strophen viel Bedeutendes enthielten, unddas in einer Folge, die, w enn man sie erst kenne, dem Geiste die wichtigstenBetrachtungen erleichtere. Schiller läßt seinen Wallenstein sagen:

Des Menschen Thaten und Gedanken, wißt,Sind nicht wie Meeres blind bewegte Wellen.Sie sind notwendig wie des Baumes Frucht,Sie kann der Zufall gaukelnd nicht verwandeln.Hab ich des Menschen Kern erst untersucht,So weiß ich auch sein Wollen und sein Handeln.

Dagegen schreibt im zweiten Kapitel seinesBellum Jugurthinum"Sallust, dessen Gärten die Höhe des Pincio einnahmen, wo jetzt die VillaMalta steht, in der ich diese Zeilen diktiere:Animus incorruptus, aeternusrector humani generis, agit, atque habet cuneta, neque ipse habetur." Werwar echt? Die beiden größten deutschen Dichter oder Gaius SallustiusCrispus , einer der scharfsinnigsten Historiker aller Zeiten? Kann derMensch sein Schicksal selbst gestalten ? Oder treibt ihn seine ihm von einerstärkeren Gewalt aufgeprägte Individualität willenlos in die eine oder dieandere Richtung, wie ein Blatt, das der Wind vor sich her weht? Liegt hiereine Antinomie vor, einer jener Widersprüche, in welche die Vernunft bei

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