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4 (1931) Jugend- und Diplomatenjahre
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DER PHILOSOPH IN FRANKFURT

als ich 1875 zum erstenmal dorthin kam; er war dänischer Gesandter inBerlin, als ich 1900 Reichskanzler wurde. Bille und Wind wohnten in Frank-furt in unserem Hause, wo sie bei meinem Vater die herzlichste Aufnahmegefunden hatten. Meine Beziehungen zu den beiden vortrefflichen Diplo-maten sind immer freundlich gebheben.

Unser Kanzleisekretär in Frankfurt hieß Kräuter, und kein Kräutchenim Küchengarten konnte bescheidener sein als er. Er war ein Freund despreußischen Kanzleisekretärs Kelchner, der ihm oft von seinem Chef, demGesandten von Bismarck-Schönhausen, sprach, den er einenverwogenenMann" nannte. In meinem Beisein charakterisierte Kelchner seinen Ge-sandten gelegentlich folgendermaßen:Der ist ein Mann, der zu allem fähigist. Wenn er keine Lust hat, einer Bundestagssitzung beizuwohnen, undihm gerade kein besserer Vorwand einfällt, so macht er es wie folgt: Erläßt anspannen, fährt die Mainzer Landstraße hinunter, von da auf die erstebeste Wiese, läßt den Wagen halten und hebt mit seinem Kutscher ein Radvom Wagen aus. Dann schickt er den Kutscher nach der EschenheimerGasse mit dem Auftrag, im Bureau des Bundestags zu melden, daß er infolgeeines Wagenunfalles nicht zur Sitzung kommen könne. Und es geht ihmdurch! Ja, das ist ein verwogener Mann." Kelchner hat seinen großen Vor-gesetzten von Frankfurt nach St. Petersburg und von da nach Berlin be-gleitet, wo ich ihn, als ich Staatssekretär wurde, also nach fast vierzigJahren, nicht allzu gealtert, wieder vorfand.

Ein häufiger Gast auf der Frankfurter Promenade war der Prinz Emilvon Hessen-Darmstadt , eine Ruine aus der Rheinbundzeit. Ihm hattein der Schlacht von Leipzig , als er seine hessische Division zum Angriffvorführte, Napoleon ermunternd zugerufen:En avant, Roi de Prusse!"Der korsische Imperator hatte den hessischen Prinzen, der sein eifriger An-hänger war, für den Fall des Sieges über die Verbündeten zum König vonPreußen in Aussicht genommen.

Die wenigsten Bewohner von Frankfurt ahnten, daß in den fünfzigerDr. Arthur Jahren zwei Männer in ihrer Stadt lebten, deren Name noch nach ÄonenSchopenhauer m | t Bewunderung und Ehrfurcht genannt werden wird: der preußischeBundestagsgesandte Otto von Bismarck-Schönhausen und der PhilosophArthur Schopenhauer. Von diesem sprach uns bisweilen unser freund-licher Hausarzt, der von uns Kindern sehr gehebte Doktor Stiebel. DieserSchopenhauer, erzählte er uns, sei ein ganz verdrehtes Haus. Kein Menschwisse, an wen der glaube. Auf seinem Tisch stehe ein kleiner Buddha, anden richte er, wie es scheine, seine Gebete. Der große Philosoph wohnte ander Schönen Aussicht, wo wir oft spazierengingen. Als ich dort einmaleinem in vorgebeugter Haltung, mit auf dem Rücken verschränkten Händenpromenierenden und sehr verdrießlich ausschauenden Herrn begegnete,