Druckschrift 
1 (1838)
Entstehung
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Minna von Barnhclm.

einander noch nicht sagen können. Ja, er trift noch heut hierein. Ein Zufall ist Schuld, daß ich, einen Tag früher, ohneihn angekommen bin.

v. Tcllhcim. Der Graf von Bruchsall? Zst er zurück?

Zvas Fräulein, Die Unruhen des Krieges verscheuchten ihnnach Italien ; der Friede hat ihn wieder zurückgebracht. Ma-chen Sie sich keine Gedanken, Tcllhcim. Besorgten wir schonehemals das stärkste Hinderniß unserer Verbindung von seinerSeite

v. Tellheim. Unserer Verbindung?

Das Fräulein. Er ist Ihr Freund. Er hat von zu vie-len, zu viel Gutes von Ihnen gehört, um es nicht zu seyn. Erbrennet, den Mann von Antlitz zu kennen, den seine einzigeErbin gewählt hat. Er kömmt als Oheim, als Vormund, alsVater, mich Ihnen zu übergeben.

v. Tellheim. Ah, Fräulein, warum haben Sie meinenVricf nicht gelesen? Warum haben Sie ihn nicht lesen wollen?

Das Fräulein. Ihren Brics? Ja, ich erinnere mich, Sieschickten mir einen. Wie war es denn mit diesem Briefe, Fran-ciska? Haben wir ihn gelesen, oder haben wir ihn nicht gele-sen? Was schrieben Sie mir denn, lieber Tcllhcim?

v. Tellheim. Nichts, als was mir die Ehre befiehlt.

Das Fräulein. Das ist, ein ehrliches Mädchen, die Sieliebt, nicht sitzen zu lassen. Freylich befiehlt das die Ehre. Ge-wiß ich hätte den Brief lesen sollen. Aber was ich nicht gele-sen habe, das höre ich ja.

v. Tcllhcim, Ja, Sie sollen es hören

Das Fräulein. Nein, ich brauch es auch nicht einmal zuhören. Es versteht sich von selbst. Sie könnten eines so häß-lichen Streiches fähig seyn, daß Sie mich nun nicht wollten?Wissen Sie, daß ich auf Zeit meines Lebens beschimpft wäre?Meine Landsmänninnen würden mit Fingern auf mich weisen.Das ist sie," würde es heißen,das ist das Fräuleinvon Barnhclm, dic sich cinbildctc, weil sie reich sey, dcn wackernTcllhcim zn bekommen: als ob dic wackcrn Männcr für Gcldzu habcn wären!" So würde es heißen: denn meine Lands-männinnen sind alle neidisch auf mich. Daß ich reich bin,