688
Minna von Barnhelin.
Das Fräulein, (geruhn) Das sollte es nicht, Tcllhcim. —Verzeihen Sie mir, Tcllhcim.
v. Tellheim. Ha, dieser vertrauliche Ton sagt mir, daßSie wieder zu sich kommen, mein Fräulein; daß Sie mich nochlieben, Minna. —
Franciska. (herausplatzend) Bald wäre der Spaß auch zuweit gegangen. —
Das Fräulein, (gcbictherisch) Ohne dich in unser Spiel zumengen, Franciska, wenn ich bitten darf! —
Francisr'a. (bey Seite und betroffen) Noch nicht genug?
Das Fräulein. Za, mein Herr; cs wäre weibliche Eitel-keit, mich kalt und höhnisch zu stellen. Weg damit! Sie ver-dienen cs, mich eben so wahrhaft zu finden, als Sie selbstsind. — Ich licbc Sie noch, Tcllhcim, ich licbe Sie noch, aberdem ohngcachtct —
v. Tellheim. Nicht weiter, liebste Minna, nicht weiter!(ergreift ihre Hand nochmals, ihr den Ring anzustecken.)
Das Fräulein, (die ihre Hand zurück zieht) Dem ohngcachtct, —um so vicl mchr werde ich dieses nimmermehr geschehen lassen;nimmermehr! — Wo denken Sie hin, Herr Major? — Zchmcynte, Sic hätten an Ihrem eigenen Unglücke genug. — Siemüssen hier bleiben; Sie müssen sich die allcrvollständigstc Ge-nugthuung — ertrotzen. Ich weiß in der Geschwindigkeit keinander Wort. — Ertrotzen, — und sollte Sic auch das äußersteElend, vor den Augen Ihrer Verleumder, darüber verzehren!
v. Tellheim. So dacht ich, so sprach ich, .als ich nichtwußte, was ich dachte und sprach. Acrgcrniß und verbisseneWuth hatten meine ganze Seele umnebelt; die Licbe selbst, indcm vollcstcn Glänze des Glückes, konnte sich darin» mchtTag schaffen. Aber sie sendet ihre Tochter, das Mitleid,die, mit dcm finstern Schmerze vertrauter, die Nebel zerstreuetund alle Zugänge meiner Seele den Eindrücken der Zärtlichkeitwiederum öffnet. Der Trieb der Sclbstcrhaltung erwacht, daich etwas Kostbarcrs zu erhalten habe, als mich, und es durchmich zu erhalten habe. Lassen Sic sich, mein Fräulcin, dasWort Mitleid nicht beleidigen. Von der nnschuldigen Ursacheunsers Unglücks, können wir cs ohne Erniedrigung hörcu.