Druckschrift 
1 (1838)
Entstehung
Seite
594
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Minna von Barnhelm.

höre» Sie also, Tcllhcim, was ich fest beschlossen, wovon michnichts in der Welt abbringen soll

v. Tellheim. Ehe Sie ausreden, Fräulein, ich beschwöreSie, Minna! überlegen Sie es noch einen Augenblick, daßSie mir das Urtheil über Leben und Tod sprechen!

Das Fräulein. Ohne weitere Ucbcrlcgung! So gewißich Ihnen den Ring zurückgegeben, mit welchem Sie mir ehe-mals Ihre Treue verpflichtet, so gewiß Sie diesen nehmlichenRing zurückgenommen: so gewiß soll die unglückliche Barnhclmdie Gattin des glücklichern Tcllhcims nie werden!

v. Tcllhcim. Und hiermit brechen Sie den Stab, Fräulein?

Das Fräulein. Gleichheit ist allein das feste Band derLiebe. Die glückliche Barnhclm wünschte, nur für den glück-lichen Tcllhcim zu lcbcn. Auch die unglückliche Minna hättesich endlich übcrrcdcn lassen, das Unglück ihres Freundes durchsich, es sey zu vermehren, oder zu lindern. Er bemerkte es jawohl, chc dicscr Bricf ankam, dcr alle Gleichheit zwischen unswieder aufhebt, wie schr zum Schein ich mich nur noch weigerte.

v. Tcllhcim. Zst das wahr, mein Fräulein? Ich dankeIhnen, Minna, daß Sie den Stab noch nicht gebrochen.Sie wollen nur den unglücklichen Tcllhcim? Er ist zu habcn.(kalt) Ich empfinde cbcn, daß es mir unanständig ist, dicsc späteGerechtigkeit anzunehmen; daß es besser seyn wird, wenn ich das,was man durch einen so schimpflichen Verdacht entehret hat, garnicht wicdcrvcrlangc. Ja; ich will dcn Bricf nicht bekom-men habcn. Das sey alles, was ich darauf antworte und thue!(in, Begriffe, ihn zu zerreißen)

Das Fräulein, (das ihm in die Hände greift) Was wollen Sie,Tcllhcim?

v. Tellheim. Sie besitzen.

Das Fräulein. Halten Sie!

v. Tellheim. Fräulein, er ist unfehlbar zerrissen, wenn Sienicht bald sich anders erklären. Alsdann wollen wir dochsehen, was Sie noch wider mich cinzuwcndcn habcn!

Das Fräulein. Wie? in diesem Tone? So soll ich, somuß ich in meinen eignen Augcn verächtlich werden? Nimmcr-mchr! Es ist cinc nichtswürdigc Kreatur, die sich nicht schämet,