Die alte Jungfer. 403
Rrausel. Was? mich einen Schneider zu heißen? Was denkenSie? Himmel, welcher Schimpf! Einen gekrönten Poeten für einenSchneider anzusehn?
Schneider. Und was? Einen ehrlichen Bürger und Meisterfür einen Poeten anzusehn? Für so einen Müßiggänger? Halten Siedas für keine Injurie?
Aisette. Sachte, ihr Leutchen, sachte. Sie kennt euch noch nicht.
Rrönsel. Ey was? Ich ein Schneider?
Schneider. Was, ich ein Pocte?
Rräusel. Lassen Sie sich das Gedicht von ihm machen, wen» erkann. Adieu.
Schneider. Lassen Sie sich die Kleider von ihm machen, wenner kann. Adieu.
K.isette- Warten Sie doch. Wer wird sich um ein Versehn gleichso ärgern. Sie sind beyde ehrliche rechtschaffene Leute, die man nichtentbehren kann.
Rrausel. Einen Mann, der Tag und Nacht mit den göttlichenMusen umgeht, einen Schneider zu heißen? Das ist unerträglich!Lassen Sie mich fort, (geht ab)
Schneider. Ein Mann, der wohl fürstliche Personen gekleidet' hat, soll sich einen Poeten schimpfen lassen? Ich versteh meine Pro-feßion. Es wird mir niemand was Uebels nachzusagen haben. Undich will den Schimpf gewiß auch nicht leiden. Wir wollcns schon se-hen; wir wollcns schon sehn, (geht ab)
Sechster Auftritt.
Jungfer Ohldinn. Lisette und hernach Rräusel.
«vhldinn. Sind das nicht Narren! Ich kann es bey Gott be-theuren, daß ich sie nicht gekannt habe.
Ä.isette. O! der Poete ist nach Brodte gewohnt, der kömmt wie-der. Da haben wir ihn.
Rrausel. Der Klügste giebt nach! Und dieses bin ich. Ich habees im Hcransgchcn überlegt, daß —
Ausette- Daß ein Schneider freylich eher trotzen kann, als einPoete —
Rröusel. Daß der Zorn einem Weisen nicht ansteht. Ich verzeiheIhnen also Ihren Irrthum. Lernen Sie nur daraus, daß in man-
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