Druckschrift 
2 (1838)
Entstehung
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576
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Werther, der bessere.

Antiphila- Nein, mein Herr, nein. Solche Wunden weigernsich aller Linderung. Nur in ihnen wühlen, ist Wollust.

philokrates. Allerdings, allerdings! Doch mir verbietenGeschlecht und Stand und Bestimmung,-solchen wollüstigen Schmerzennachzuhängen. Allen ziemt nicht alles. Dem Mann, dem Krieger isteine Thräne vergönnt, aber kein Strohm von Thränen, der unvcrklci-nerlich nur aus so schönen Auge» über so zärtliche Wangen rollt.Wo denkt er hin, der Soldat, der sich durch Bejammcruug eines ver-storbenen Freundes weichherzig macht? (5r soll gefaßt seyn, jeden Au-genblick ihm zu folgen; er soll gefaßt seyn, dem Tode unter allen Ge-stalten, auch den gräßlichsten, entgegen zu gehen: und er weinet, obder sanftesten dieser Gestalten, die seinen Freund in die Ariiie nahm,und vorantrug? Nicht der Tod, sondern der Tod mit Unehre, istdas einzige, was ihm schrecklich seyn soll. Dort durfte es mich schau-dern, bey den schimpflichen Pfählen, an welchen die unglücklichen Ko-lophonier hangen. °)---- ^..

Werther, der bessere.

^ct. I. 8c. I.

Es ist Nacht, und er liegt noch im Bette, aber wach und vollerGrillen und Verzweiflung. Sr springt auf und will Licht anschlagen;zündet auch endlich seine Lampe an. Diese drohet bald zu verlöschen,weil es ihr an Oel gebricht. Er will Oel aufgießen, und es ist kcinsin der Flasche. t?r will geschwind noch eine Pfeife Taback anzün-den, und so rauchend der aufgehenden Sonne am Fenster harren.Aber sein Tabacksbcntcl ist leer. Selbst in seinem Mcißnerkrngc istkein Trnnk mehr, und er getraut sich nicht dem Mädchen im Hausezu ruffeu. vr glaubt zwar gehört zu haben, daß sie schon auf sey;er fürchtet aber daß sie es endlich müde werden müßte, ihm für nullund nichts aufzuwarten. Die Lampe erlischt, und er wirft sich wiederanfs Bette.

8c. II.

Marthchen und werther.

°) Das Brrslaucr Blatt, welches in einzelnen Ausdrücken abweicht, fügtbin;»Auch ist mir nie ein Posten so nnaussicl'lich gewesen."