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Brauchen wir in Deutschland Rindvieh? : eine Musterung im Reiche des heiligen Bürokratius / von Hermann Butzke
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Man geht zur Hildebrandstraße 25 und wird zum Herrn Oberzoll-kontrolleur gewiesen. Man erzählt ihm seine Beschwerde. Er bittet,selbst mit dem Sekretariat zu sprechen. Man kommt in ein hübschesZimmer. Au! dem Balkon dieses Raumes mit dem Ausblick zum Tier-garten sitzt ein Kranz schöner Damen, eifrig kauend. Man kann inirgendein Bureau Ihrer Aemter kommen, Herr Reichskommissar, wennman nur will, in Ihren Aemtern wird zwischen 9A und 2 Uhr immergekaut. Eine der Holden fragt den lästigen Eindringling, mit beidenBacken kauend, nach seinem Begehr. Man bringt es vor und erkun-digt sich boshafterweise nach dem Verbleib seiner Ausfuhrbewilligung.Da müssen Sie zur Zentralstelle für die Wäscheindustrie. Nun wirdman deutlich und erreicht, daß eine der Damen das Dejeuner unter-bricht, um zu suchen. Es wird nichts gefunden. Zufällig kommt derBote eines großen Wäschehauses, um im Aufträge seines Chefs nachdem Verbleib einer Ausfuhrbewilligung zu fragen. Die Damen suchenund finden. Sie erklären, daß die Bewilligung für diese Firma am12. Mai an die Firma abgegangen sei. Da man den Betrieb nun kennt,kann man aber darauf aufmerksam machen, daß dies nicht wahr ist,sondern daß durch ein Versehen das Original und das Duplikat dieserFirma bei den Akten ruhe bis zum Sankt Nimmerleinstag. Das eigeneDuplikat ist überhaupt nicht da. Man geht zurück zum Kontrolleur underzählt ihm die Bummelei. Er gibt alles zu und erklärt, daß ermacht-los sei. Er wäre soeben erst von längerem Urlaub zurückgekehrt.Es sei nicht möglich, so schnell Ordnung zu schaffen. Er sei selbst mitden Nerven völlig herunter. Beschwerden privater oder öffentlicherNatur seien im übrigen völlig zwecklos. Aendern hätte bisher nochniemand etwas können. (Seine eigenen Worte.) Wenigstens ein ehr-licher Mensch. Ein andermal will man sich erkundigen, ob Thorium-nitrat ausgeführt werden kann. Liitzowufer. Falsch. Man muß nachder Regentenstraße 23. Um 10 Uhr ist man da. Vor All ist der Refe-rent nicht zu sprechen. Man wartet. Um Ail2 erkundigt man sichendlich, wann man herankäme, denn es sei schon eine Stunde nach All.Darauf die schnippische Antwort:Manche von den Besuchern scheinenzu glauben, daß wir nur für sie da seien. (Wörtlich.) Da hatte manvergessen, daß die Kaufleute nur für die Aemter und die geehrtenBeamten da seien.

Jetzt will man sich mal über die ganze Geschäftsführung beschwe-ren. Man geht um 11 Uhr zum Lützowufer. Der Herr Reichskom-missar Meisinger ist erst um 12 Uhr zu sprechen. Man fordert einenVertreter. Man wird von einer Dame auf einen dunklen Korridor ge-führt und wartet vor dem Zimmer einesRechnungsrats. Selbstver-ständlich schon auf dem Flur Hut in der Hand. Die Dame kommtheraus. Man müsse noch warten, es sei noch eine Dame darin. Manwartet. Die Dame kommt heraus. Man wartet im Gefühl seinerMinderwertigkeit weiter, denn man nimmt an, daß man gerufen werdenwürde. Das geschieht nicht. Also klopft man nach einiger Zeit höflichan und tritt ein. Ein Herr, ganz Würde, sitzt am Tisch. Er sagt, ohneaufzustehen:Fräulein. Das heißt, das Fräulein, seine Sekretärin,solle den Besucher abfertigen. Den Unsinn macht man nicht mehr mit.In einem Zimmer von vielleicht 8 qm erst dem Fräulein und dann demHerrn Rechnungsrat die gleiche Geschichte erzählen, das ist zu viel.Also wendet man sich direkt in einem Gefühl von Größenwahn an denHerrn Rat und sagt:Ich möchte eine Beschwerde Vorbringen. Manbrachte mich hierher, hieß mich warten, bis die Dame heraus sei. Ichkomme nun . . . Da unterbrach der Gewaltige:Da hätten Sie zu-erst warten sollen, bis ich Sie gerufen hätte. Tableau! Man drehtsich um und verzichtet auf Beschwerde. Das Benehmen des HerrnRats ist selbst eine Beschwerde wert.