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Nach dem Zusammenbruch des alten Systems versucht man die zu-sammengebrochene Wirtschaft wieder aufzurichten. Ein jeder Kauf-mann arbeitet daran mit. Die Amtsmethoden Ihres Amts aber verhin-dern jede Betätigung. Die Ueberhebung Ihrer untergeordneten Beam-ten überschreitet die zulässigen Grenzen und schädigt nicht nur deneinzelnen Kaufmann, sondern auch die Allgemeinwirtschaft und dasGemeinwohl.
Meine Zeilen sind diktiert vom Wunsche, das Zusammenarbeitenzwischen Kaufleuten und Beamten zu ermöglichen.
Ist das auch das Bestreben des Reichskommissars oder legt dieserWert auf den Titel, den ihm die Kaufmannschaft seit langem gibt:
„Reichskommissar zur Erschwerung der Ein- und Ausfuhr?“
Hochachtungsvoll H. B.
Brauchen wir in Deutschland Rindvieh?
Ein dänischer Geschäftsmann bietet einem deutschen Kaufmannan, mit ihm gemeinschaftlich 500 Stück Rindvieh einzuführen und aufdem Hamburger Schlachtviehhof zur Auktion zu stellen. Der Däne willdas Geld für den Ankauf der Tiere auslegen, die Verladung vornehmenund sämtliche Kosten bis zur Stunde des Verkaufs tragen. Von demVerdienst, den er bei dem Verkaufe macht, will er dem deutschen Kauf-mann 50 Prozent abgeben, und als Entgelt soll der deutsche Kaufmanndie für die Einfuhr notwendigen Formalitäten mit der deutschen Beam-tenschaft erledigen.
Der deutsche Kaufmann wendet sich an den Reichskommissar fürdie Aus- und Einfuhrbewilligungen und erhält den Bescheid, daß dieEinfuhr von- Schlachtvieh frei ist, daß aber der in Liquidation befind-liche Ueberwachungsausschuß für Fleischeinfuhr noch der Form nachdie Bewilligung auszustellen hat. Der deutsche Kaufmann stellt denentsprechenden Antrag und erhält nach einigen Wochen den Bescheid,daß der Antrag nicht auf dem vorschriftsmäßigen Formulare ein-gereicht ist, und daß er sich die vorgeschriebenen Formulare bei einerBuchdruckerei in Berlin, die das alleinige Recht auf Herstellung dieserFormulare hat, besorgen muß.
Da inzwischen Wochen vergangen und der Däne sein Rindviehnicht auf unbeschränkte Zeit auf der Weide stehen lassen kann, so ver-kauft er es nach England. Es vergehen wieder einige Wochen, undder deutsche Kaufmann erhält eine Aufforderung der Handelskammer,zu der er gehört, einige Angaben über seine Firma zu machen wegender von ihm beabsichtigten Schlachtvieheinfuhr. Da die in Fragestehenden 500 Rinder inzwischen längst in England verzehrt sind, soist für den deutschen Kaufmann das Geschäft erledigt. Es ist ja auchselbstverständlich, daß der Einfuhr von Schlachtvieh nach Deutsch-land ein Riegel vorgeschoben wird, denn brauchen wir in DeutschlandRindvieh? Wir haben genug.
Die Kehrseite dieser Angelegenheit zeigt uns aber ein anderes Bild.
Ein Ausländer will Schlachtvieh hierher liefern. Er fordert keineVorausbezahlung und will dem deutschen Kaufmann, mit dem er dasGeschäft gemeinsam zu machen beabsichtigt, die Hälfte seines Ver-dienstes abgeben. Der deutsche Kaufmann würde einen Verdienstverzeichnen, für den er dem Staat Einkommensteuer bezahlen könnte.Von dieser Einkommensteuer könnte der Staat seine Organisationenmit den allzuvielen Beamten bezahlen. Diese Beamten verhinderndurch Mangel an gutem Willen, durch Lässigkeit und Nichtverstehendes Grundsatzes, daß sie Diener der Allgemeinheit sind, diese Ein-nahme des Kaufmannes. Der Kaufmann verliert seinen Verdienstund der Staat seine Steuer.