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Brauchen wir in Deutschland Rindvieh? : eine Musterung im Reiche des heiligen Bürokratius / von Hermann Butzke
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Klubsesselsheiui.

Der nachfolgend gedruckte Brief an den Hausvater von Klub-sesselsheim wurde bereits imBerliner Tageblatt veröffentlicht:

An den Herrn Reichskommissar für die Aus- und Einfuhr-bewilligungen.

Herr Reichskommissar, ist Ihnen bekannt, daß in Ihrem Amt undden unter- oder nebengeordneten Aemtern eine Tätigkeit ausgeübtwird, die nicht für den Kaufmann arbeitet, sondern gegen ihn? Ichweiß nicht, ob in Ihrem Amt Anweisung gegeben ist, den Auskunftsuchenden Kaufmann möglichst schroff zu behandeln, um ihm dasWiederkommen zu verleiden, um ihn abzuschrecken und die Damenund Herren Ihres Amts nicht mehr zu belästigen. Es macht auf jedenFall diesen Eindruck. Die Ihre Aemter in Anspruch nehmen müssendenKaufleute werden zu der Erkenntnis gebracht, daß sie einer minder-wertigen Kategorie des Wirtschaftslebens angehören und werden dem-entsprechend behandelt. Nachfolgend einige Beispiele.

Man erkundigt sich telephonisch nach der Geschäftsstunde. Von10 bis 2. Kommt man dann persönlich, so sieht man, daß die Büro-zeit sogar schon von 9A Uhr beginnt. Man muß den Referenten irgend-einer Abteilung sprechen. Vor 11 Uhr ist aber in Ihrem Amt kein Refe-rent zu sprechen. Die Damen in untergeordneten Stellungen wissennicht Bescheid, also muß man bis 11 Uhr spazieren gehen.

Man will beispielsweise eine Vase exportieren. Es sind mehr als2 kg Bronzeverzierungen an der Vase, also braucht man eine Bewilli-gung. Man geht um 9'A Uhr nach dem Liitzowufer und fragt, ob manauf die Unterschrift für die Bewilligung warten könne. Das dauere bisI Uhr. Die Bewilligung würde erteilt, aber das Einträgen der Scheineund die Unterschrift nähmen bis 1 Uhr in Anspruch. Man bietet Rohr-postporto an, um abends noch die Bewilligung zu haben, da der Kundeabends abfährt. Rohrpostporto kann im Amt nicht angenommen wer-den, das ist zu umständlich, aber die Bewilligung würde bestimmtmittags mit gewöhnlicher Post abgesandt. Am nächsten Morgenempfängt man sie nicht. Man geht wieder zum Lützowufer, und sieheda, die Bewilligung ruht auf dem Tische der Auskunftei, um vielleichtnach einigen Tagen mal abgesandt zu werden. Man erinnert an dasgestrige Versprechen.Fehler können doch Vorkommen, ist dieschnippische Antwort. Man sieht ein, daß man Ungebührliches ver-langte, und daß man als lästiger Kaufmann ruhig zu sein hat.

Man fragt ein andermal höflichst an wegen Exports einer Exzenter-presse. Da müsse man nach der Hildebrandstraße 25. Man geht hin.Man fragt, wartet, sieht den Appetit der frühstückenden Damen underhält nach längerer Zeit den Bescheid, dafür sind wir nicht zuständig,da müssen Sie nach der Neuen Grolmanstraße in Charlottenburg. Mangeht hin. Der gleiche Stiefel. Man sucht eine Ausfuhrbewilligung fürChemisetts nach. Nach 14 Tagen bekommt man diese Ausfuhrbewilli-gung nicht von der Hildebrandstraße etwa, wohin die Auskunft desLützowufers den Kaufmann erst, schickte, sondern von einer Privat-firma aus Dresden, der irgendein Amt aus Versehen die Bewilligunggeschickt hatte. Der fremde Kaufmann in Dresden kennt den Betriebin Ihren Aemtern und aus Solidaritätsgefühl für einen Leidensgenossenschickt er die ihm fälschlich zugesandte Bewilligung direkt an denrichtigen Empfänger. Er weiß, daß dieser gleich ihm minderwertigeMensch sonst nochmals 14 Tage warten müßte. Man will aber dieSchlamperei zur Kenntnis des Referenten bringen, um bessern zu helfen.