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Karl Helfferich zum Gedächtnis : [Reden am Sarge in Mannheim am 30. April 1924]
Entstehung
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Und so lang du das nicht hastDieses: Stirb und Werde!Bist du nur ein trüber GastAuf der dunklen Erde!"

In München war es am z. September 1921, wenigeTage nach dem Erzberger-Morde, als Helfferich auf sich selbstdiesen Goethe-Spruch anwandte dieses Wort aus seinemGoethe, den er so liebte und als treuen Freund in tausend Versenstets im Gedächtnis führte, zu dem er sich aus des Tages Lastund Arbeit hinüberrettete, wenn es galt, die Seele zu erfrischenund zu erheben. Die Wogen der Erregung gingen damalshoch; Helfferich hatte Drohungen und Warnungen bekommen;man hatte ihn in Jugenheim aufheben wollen und wir, seineParteifreunde, sorgten um sein Leben. Da antwortete ermit den Worten:

Wer in solcher Zeit am Augenblicke hängt und umsein Leben bangt, ist Spreu im Sturmwind des großenWerdens!"

und er fügte jenes Goethe-Wort vomStirb und Werde"hinzu. Für ihn nicht bloß ein Zitat, sondern ein wahresGlaubensbekenntnis! Es war, als ob er schon damalsvorahnend an einen plötzlichen Tod geglaubt hätte und sichaufs Sterben hätte einrichten wollen, um zu werden. Nunhat sich seine Ahnung, wenn es damals eine Ahnung gewesenist, erfüllt; er ist uns genommen, aber wie ist er gestorben?

Wenn wir sonst einen geliebten Toten zu Grabe tragen, sosehen wir trotz allem Traurigen und Schweren doch auch Ver-söhnendes und Weihevolles im Lebensabschluß des Dahin-geschiedenen und in Ehrfurcht beugen wir uns vor der Majestätdes Todes.

Hier aber erbeben wir tief im Innersten vor diesem furcht-baren Ende! Hier schließen wir gewaltsam die Augen vordem Grausigen, das wir zu sehen nicht ertragen können; hier

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