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Karl Helfferich zum Gedächtnis : [Reden am Sarge in Mannheim am 30. April 1924]
Entstehung
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Antlitz unseres Freundes zogen, wegzaubern könnte, sobalder nur die Frage nach Jung-Helfferichs Ergehen an ihn richtete,denn dann leuchteten seine Augen und sein Mund floß übervon Erzählungen über die kindlichen Erlebnisse des Kleinen,den er so gern auf seinen Knien schaukelte. Wir ließen uns dieBilder von Frau und Kindern zeigen, die Helfferich stets beisich trug und die ihn wohl auch in den Tod begleitet haben.Wir sahen so den gütigen, lieben Menschen in ihm, und wirhaben ihn deshalb um so mehr geliebt.

Und alles dies ist nun dahin! Ich, der ich selbst die innigsteSeelengemeinschaft mit ihm gepflogen habe, der alle seinePläne und Gedankengänge schon in den Uranfängen kannte,der nie ein Geheimnis vor ihm gehabt hat, wie auch von seinerSeite nie ein Geheimnis mir gegenüber existierte, der alleSorgen, Hoffnungen und Wünsche mit ihm durchsprechendurste, ich habe auf ihn als Träger unserer Zukunft gebaut,und ich weiß nicht, wie jemals die Lücke ausgefüllt werdensoll, die uns durch seinen Tod gerissen ist. Und mit mir stehendie Millionen der Parteifreunde nicht bloß in tiefster Trauer,sondern in tiefem Bangen vor diesem Schicksalsschlage,der uns betroffen hat. Aber doch haben wir eins, wovon wirzehren können, wir haben sein Vermächtnis. In denSielen ist er gestorben; die letzten Wochen und Tage sindausgefüllt gewesen mit Ausarbeitungen, die die gegenwärtigeSchicksalsfrage des deutschen Volkes betreffen, und noch amTage, als hier sein Tod bekannt wurde, ging uns von Stresa ein Kapitel über die Gefahren zu, die Deutschland durch dievon ihm geforderte Regelung bedrohen. Auf dem Wege zuVersammlungen, in denen er seinem bedrängten Herzen Luftmachen und die Aufklärung ins deutsche Volk tragen wollte,hat ihn der Tod ereilt. Aber was er uns zu sagen hatte, daslebt in uns fort, und je furchtbarer uns sein Schicksal trifft,um so heiliger und teurer wird uns die Aufgabe, in seinemGeiste weiter zu wirken. Das Unglück hat uns, die wir seine

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