Aus den angeführten Äußerungen Wagners, die gewißan Offenheit, aber auch an Unvorflditigkeit nichts zuwünfchen übrig ließen, ergibt fleh, daß die Urfadie fürfeine gereizte und unfreundliche Haltung zunädift in feinerAbneigung gegen die Straßbuger ftaatswiffenfehaftlicheSchule und insbefondere gegen deren Vertreter ProfefforKnapp lag, mit dem er in den Jahren 1867 bis 1871 einenStreit auf dem Gebiete der MoralftatifHk ausgefochtenhatte, wobei er gegen die Kritik Knopps nicht hatte auf=kommen können*). Das hatte er nicht vergeffen. UndHelfferich hatte das Pech, ausgerechnet ein Schüler diefesGelehrten zu fein. Was Wagner indes noch mehr ver=drießen mußte, war der Umftand, daß Helfferich auf demfo heiß umftrittenen Gebiet der Währungsfrage eine grund=fatjlich andere Anfchauung vertreten hatte als er, nochdazu eine Anfchauung, die den Erfolg für fleh hatte undvon ihm auf das heftigfte bekämpft worden war. Undnun ffcellte diefer junge Mann völlig überrafchend das An=finnen, ihm die Zulaffung als Lehrer in Wagners eigenemFach zu erteilen auf Grund einer Arbeit, die Wagnerfeiner wiffenfchaftlichen Überzeugung nach von vornhereinfür überflüffig hielt. Das war in der Tat etwas viel aufeinmal, und wenn man geredit fein will, fo war esfchlechterdings nicht von ihm zu verlangen, daß er einenfolchen Bewerber mit offenen Armen aufnahm. Manmuß ferner in Betracht ziehen, daß die Anwärter für denakademifchen Lehrberuf fleh in der Regel an den Univerfi=täten ihrer Lehrer habilitieren und daß Wagner wohl dasinfHnktive Gefühl haben mochte, es würde ihm in Helfferichein äußerfh unbequemer Gegner erflehen. Denn er wußtegenau, daß man es in den Kreifen der Reichsregierungfehr begrüßen würde, wenn gegenüber dem an der BerlinerUniverfität dominierenden Einfluß der hauptfächlich durchihn vertretenen bimetalliftifchen Richtung ein Gegengewicht
*) Lujo Brentano : „Ein Brief". Sonderheft zu Heft 9 des „Wirtfdiafts=dienft* : Hamburg März 1922, S. 3.
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