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Karl Helfferich als Währungspolitiker und Gelehrter : Erinnerungen / von Karl von Lumm
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Helfferich, und das Änfehen, das er als einer der befienKenner des Geld= und Bankwefens ohnehin genoß, ift durchden Sieg der Goldwährung in der breiten Öffentlichkeit(icher noch gewachfen. Aber ebenfo fidier ift, daß niemandfidi nach feiner Begabung, nach feinen Leitungen und nachfeiner ganzen Perfönlichkeit eines fo hohen Anfehens mitmehr Recht erfreuen durfte, als gerade er. Denen aber,die fein Verdienft fchmälern wollen und ihm nachfagen, daßer befonders vom Glück begünftigt gewefen fei, möchte ichdas Wort Goethes zurufen:

Wie (Ich Verdienft und Glüdi verketten,Das fällt den Toren niemals ein;Wenn fie den Stein der Weifen hätten,Der Weife mangelte dem Stein."

(ensart T%er Schlüffel für das Verdienft, die Leiftungen und diexJ Erfolge Helfferichs lag in feiner Perfönlichkeit. Erwar von der Natur mit einer leichten und fchnellen Auf=faffung, einem durchdringenden Verftand und einem ftarkenGedächtnis ausgeftattet. Sein Denken war klar, nüchtern undlogifch, fein Urteil auch in fchwierigen Fragen von großerSchärfe und Treffficherheit, dabei fchon frühzeitig von einererftaunlichen Reife. Er war die Verkörperung kühl wägendenVerbandes und einer unerbittlichen Sachlichkeit. Aber diefeEigenfchaften allein konnten ihn nicht zu den Erfolgenführen, die er kämpfend dem Schickfal abgerungen hat.Es mußte noch etwas hinzukommen, um ihn zu dem ihmeigenen, kraftvollen Überwinden ftarker Widerftände zubefähigen. Diefes Etwas war die heiße Leidenfchaft feinesWollens, das heilige Feuer feines lebendigen Geiftes, dieden Verftand und die Sachlichkeit in ihren Dienft zwangen,wenn es galt, für eine Idee zu kämpfen, ein Ziel zu er=reichen. Diefe eingeborene Leidenfchaft, die zum Handelntreibt, befaß Helfferich in höchftem Maße. Sie ift daseinzig Produktive, und alles Neue und Große wird durchfie gefchaffen. Es war der ungeftüme Drang zur Tat, der

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