Part 
1 (1900) Begriff : psychologische und sittliche Grundlage ; Literatur und Methode ; Land, Leute und Technik ; die gesellschaftliche Verfassung der Volkswirtschaft
Place and Date of Creation
Page
V
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 
  

U o r r e d e.

Im folgenden übergebe ich der Öffentlichkeit den Versuch, in grundrißartiger Formzusammenzufassen, was ich seit 36 Jahren in meinen Vorlesungen über allgemeineVolkswirtschaftslehre vorzutragen Pflege; es ist zunächst eine erste größere Hälfte, diezweite ist auch nahezu fertig; sie wird, wie ich hoffe, im Umfang von etwa 15 bis18 Bogen in kurzer Zeit folgen können. Die erste Hälfte enthält die allgemeinenGrundlagen, dann in zwei Büchern die Lehre von Land, Leuten und Technik, sowie denwichtigsten Teil der gesellschaftlichen Verfassung der Volkswirtschaft; die zweite wird inzwei Büchern den gesellschaftlichen Prozeß des Güterumlaufs und der Einkommens-verteilung, sowie die entwickelungsgeschichtlichen Gesamtresultate enthalten.

Da ich bei den Vorlesungen nie den Zweck verfolge, den Studierenden ein Hand-buch zu ersetzen, auch mich seit Jahren auf 4 Wochenstunden des Sommers beschränke,so muß ich stets eine engere Auswahl in dem Vorzutragenden treffen, wobei ich vonJahr zu Jahr wechsele. Alle meine Vorlesungshefte enthalten den doppelten oder drei-fachen Umfang dessen, was ich vortragen kann. Hier in dem gedruckten Grundrissemußte ich natürlich eine gewisse Vollständigkeit anstreben.

Ich habe mich zu dieser Veröffentlichung nicht leicht entschlossen, bin fast durchäußere Nötigungen zu ihr gedrängt worden. In meinen jüngeren Jahren beseelte michdie Überzeugung, daß die erste Aufgabe der heutigen Nationalökonomen sei, durch gelehrtespecialisierte Forscherarbeit unsere Wissenschaft den übrigen ebenbürtig zu machen, daßerst nach einem Menschenalter solcher Arbeiten wieder die encyklopädische Zusammen-fassung sich lohnen werde. Längst ehe Schönbergs Handbuch der politischen Ökonomieerschien, hatte mich mein verehrter Freund und Verleger, Carl Geibel , aufgefordert, andie Spitze eines solchen Unternehmens zu treten. Ich hatte es damals rundweg ab-gelehnt, weil erst in 1t)20 Jahren, nach einer intensiven Gelehrtenarbeit, wie die von186080 in Deutschland auf den Plan tretenden meisten wissenschaftlichen National-ökonomen sie erstrebten, etwas Derartiges nach meiner Meinung angezeigt sei.

Als dann aber 1887 Duncker & Humblot einen kürzeren Grundriß aus der Federmehrerer planten und die Leitung einem meiner Schüler übergeben hatten, da entschloßich mich wenigstens, einige Kapitel, die mir besonders am Herzen lagen, zu übernehmen,und begann mit ihrer Ausarbeitung. Die Schwierigkeiten, einem solchen Werke dienötige Einheit zu geben, zeigten sich auch hier; Verzögerungen verschiedener Art kamendazwischen. Die Mitarbeiter einigten sich zuletzt, die Gesamtunternehmung fallen zulassen, und ich entschloß mich, meine Bruchstücke zu einem Ganzen zu vervollständigen.Der größere Teil meiner freien Zeit war in den letzten 13 Jahren so dieser Arbeitgewidmet. Viele Kapitel haben eine zwei- und mehrfache Umarbeitung erfahren. Einzelnederselben habe ich in ihrer ersten Fassung in meinem Jahrbuch veröffentlicht, ebenso dieumfassenderen Vorarbeiten über die ältere Geschichte der Unternehmungen.

Mein inneres Verhältnis zu der mir anfangs viel zu groß und zu schwierig, jaunmöglich erscheinenden Arbeit wurde mehr und mehr doch das der höchsten Befriedigung.Ich blieb mir zwar stets klar, daß eine vollendete solche Zusammenfassung die denkbarschwierigste Aufgabe fei, daß mein Versuch nach den verschiedensten Seiten hinter demIdeal, das mir vorgeschwebt hatte, zurückbleiben müsse, daß er in vielen seiner Er-gebnisse nie die Sicherheit empirischer Detailforschung erreichen, daß der einzelne niealle die Gebiete, über die er spreche, gleichmäßig beherrschen könne. Aber ich war 1887doch schon an die paar übernommenen, principiell wichtigen Kapitel deshalb gerngegangen, weil mich nach 17 Jahren,, die ich überwiegend angestrengter archivalischcrArbeit gewidmet hatte, eine gewisse Übermüdung in Bezug auf diese Thätigkeit undeine Sehnsucht nach der Beschäftigung mit den großen allgemeinen Fragen unserer