VI
Vorrede.
Wissenschaft überfallen hatte. Ich spürte, daß ich mir Klarheit in diesen verschaffenmußte, gerade auch um das Detail der archivalischen Forschung zum höchsten Ertragzu bringen.
Meine alte Liebe zu philosophischen und psychologischen Studien war mit neuerKraft erwacht. Ich fühlte mehr und mehr, daß die Aufgabe nach Charakter, Studien-gang und Neigungen doch eine mir angemessene sei, daß vor allem meine Vorlesungendadurch sehr gewönnen, daß die stärkste Anspannung der geistigen Kräfte doch bei derVorbereitung auf die Vorlesung stattfinde, daß meine besten allgemeinen Gedanken mirdabei kämen, uud daß deshalb auch der Versuch, das zu fixieren, was ich denStudierenden sage, berechtigt und heilsam sei, obwohl er den Autor nötigt, die Bruch-stücke seines Wissens unter dem Gesichtspunkte seiner geschlossenen Weltanschauung zueinem Ganzen zu vereinigen. Man könnte sagen, gerade deswegen sei der Versuchberechtigt, denn diese Art der Zusammenfassung müsse stets neben der empirischen Detail-arbeit ihr Recht behaupten.
Die Gesichtspunkte, welche mich bei meinen Vorlesungen beseelen, sind immer diegewesen: 1. so anschaulich zu sein, daß der, welcher die Dinge noch nicht kennt, sieeinigermaßen sehen und erfassen kann. Die sogenannte Langeweile der juristischen und staats-wisscnschaftlichen Vorlesungen beruht meist darauf, daß eine Unsumme von Scharfsinn,Definitionen, Detailwissen auf den Zuhörer eindringt, ohne daß er eine anschauliche Vor-stellung von dem hat, wovon geredet wird. 2. Den Studierenden neben den allgemeinengesicherten Wahrheiten den Gang beizubringen, aus dem sie gefunden sind, die Zweiseldarzulegen, welche sie eingeben, die empirischen Grundlagen so im Detail darzulegen,daß er sie sich selbst ableiten kann. Ich weiß Wohl, daß es auch eine andere Methodegiebt, daß sie teilweise für den Anfänger vorzuziehen ist. Auch in der Nationalökonomie,und gerade auch in der historischen, wird eine konstruierende Methode von mehrerenmeiner geschätztesten Kollegen mit Virtuosität gehandhabt: man geht von wenigen klarenSätzen und Formeln, von präcisen Definitionen aus und bringt damit Einsachheit undKlarheit in alles, ich möchte sagen, zu viel Einfachheit und oft nur eine scheinbareKlarheit. Ich fand im Leben immer, daß der Hauptfehler in der praktischen Anwendungstaatswissenschaftlichen Wissens der sei, daß die der Universität Entwachsenen die gesell-schaftlichen Erscheinungen für viel zu einfach halten; sie glauben, dieselben mit wenigenDefinitionen und Formeln bemcistern zu können. Meiner Ausfassung und Anlage ent-spricht es, den Anfänger stets aus die Kompliziertheit und Schwierigkeit der Erscheinungenund Probleme aufmcrkfam zu machen, ihm die verschiedenen Seiten des Gegenstandeszu zeigen. In den Vorlesungen hat diese Eigentümlichkeit mir den Erfolg nicht geraubt.Ich lasse die folgenden Blätter in die Welt mit der Hoffnung gehen, daß sie auch denLeser nicht zu sehr abschrecken möge.
Über die äußere Anordnung und den Umfang füge ich nur die Bemerkung bei:Das ganze Buch sollte etwa 40 Bogen nicht übersteigen; es sollte ein lesbarer, nicht allzuteurer Grundriß bleiben. Dadurch waren Citate ausgeschlossen. Und ebenso konnte vonder Litteratur nur das wichtigste vor jedes Kapitel gesetzt werden, das, was in ersterLinie dem zu empfehlen ist, der sich von dieser Einführung aus weiter in das Studiumder Fragen vertiefen will.
Ich übergebe den Grundriß der Öffentlichkeit mit dem Gefühle glücklicher Dank-barkeit, daß ich den Abschluß erleben durfte. Denn in gewisser Beziehung ziehe ich hierdoch die Summe meiner wissenschaftlichen und persönlichen Überzeugungen. MeinemAssistenten, Herrn A. Spicthofs, und meiner Frau danke ich für die treue Hülfe beider Korrektur und sonstiger Fertigstellung; Herr Spiethoff hat das Register gefertigt,das bei Ausgabe der zweiten Hälfte vervollständigt sürs ganze Buch erscheinen wird.Daß ich das Bedürfnis hatte, das Buch meiner Frau zu widmen, wird der wenigstensverstehen, der uns beide und unser Verhältnis zu einander kennt.