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Christian Thomas eröffnet Der Studirenden Jugend zu Leipzig in einem Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen in gemeinem Leben und Wandel nachahmen solle? ein Collegium über des Gratians Grund-Reguln/ Vernünfftig/ klug und artig zu leben
Entstehung
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Endlich Le bon gout und die warhafftige galanterie be-treffend/ ſo pfleget man ʒwar insgemein nach Franckreich ʒu rei-ſen/ wenn man in dieſen Eigenſchafften ſich vollkommen machenwil/ und iſt an dem/ daß die Franꜩoſen hiervon profeſſion ma-chen. Aber wenn wir die Warheit ſagen ſollen/ ſo koͤnnen wirdieſe gute Qvalitaͤten auch bey uns antreffen/ wenn wir unsnur von dem gemeinen Poͤbel etwas abſonderten/ und nicht einiedweder ſich einbildete/ daß er nach ſeiner eigenen impreſſiongalant genug waͤre und le bon goùt vollkommen beſaͤſſe. Wiemancher junger Menſch/ der erſt ausfliegt/ affectirt mit allerGewalt fuͤr galant angeſehen ʒu ſeyn/ und ſeinen guten Verſtandſehen zu laſſen; Aber auff was Weiſe? Bald kleidet man ſichauff die wunderlichſte Art von der Welt/ und duͤrffen unſereSchneider nur mit ʒwey Worten ſagen: dieſe Mode komme nurganꜩ warm aus Franckreich/ ſo iſt es ſchon gut/ wenn gleich dieFranꜩoſen uns damit hoͤchlich auslachen. Bald/ wenn man ſtu-diren oder was noͤthigers thun ſoll/ verliebt man ſich ſterblich/ undʒwar ʒum oͤfftern in ein gut einfaͤltig Buttes⸗Maͤgdgen/ aus derenAugen man gleich ſehen kan/ daß eine Seele ohne Geiſt den Leibbewohne. Was gehen nun da fuͤr galanterien vor? Wie ʒu-trampelt man ſich vor dem Fenſter/ ob man die Ehre haben koͤnne/die Jungfer/ oder doch an deren ſtatt die Magd oder die Kaꜩe ʒugruͤſſen? Wie viel verliebte Briefe/ die man aus ʒehen Romansʒuſammen geſuchet hat/ und die mit vielen fIammenden und mitPfeilen durchſchoſſenen Herꜩen bemahlet ſind/ werden da abge-ſchicket/ gleich als ob man des guten Kindes affection damisbombardiren wolte? Wie laͤſſet man ſichs ſauer werden/ einegalante Nacht⸗Muſic ʒu bringen? Wie ſpielet man mit denenverliebten Minen uͤberall/ auch wohl in dem GOttes⸗Hauſe?Daß ja von denen galanten Hiſtoͤrgen iedermann ʒuſagen wiſſe/und auff den galanten Menſchen mit Fingern weiſen koͤnne.

Bald