Teil eines Werkes 
Theil 2 (1752) Jacob Benignus Bossuet, Bischofs von Meaux, Einleitung in die Geschichte der Welt, und der Religion / fortgesetzet von Johann Andreas Cramern, Hochfürstl. Oberhofpredigern in Quedlinburg
Entstehung
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Gesch. der christl.Rel. Zweyter Abschn.iV

ten aber trifft auch die Ueberwinder die Reihe, über-wunden zu werden. Man siehet immer neue Auf-tritte; allein sie sind alle darum einander ahnlich,daß es Scenen der Unbeständigkeit und des Wech-sels sind.

Neben den irdischen Reichen giebt es ein ReichGottes. Dieses bestehet aus Menschen, welche dieHerrschaft der Religion erkennen. Ist vielleicht die-ses Reich von der Unbeständigkeit frey? Hat es vonihrer Tyrannei) niemals widrige und veränderlicheSchicksale erfahren müssen? Sind die Unterthanendesselben der Wahrheit, einer so gütigen Regentinn,allezeit getreu geblieben? Hat sie stets allein ge-herrscht? Ist sie niemals ihrer Gewalt beraubt wor-den ? Oder hat man ihr nicht zum wenigsten unrecht-mäßige Mitbeherrscher aufgedrungen? Hat diesesReich in seiner äußerlichen Einrichtung niemals Ver-änderungen erlitten, und zwar solche Veränderun-gen, die seiner innerlichen Einrichtung widerstreiten?Boßvet, dessen Name auch schon eine falsche Mey-nung wichtig machen kann, behauptet, daß es einsolches sichtbares Reich Gottes gebe, wo die Reli-gion in einer ununterbrochenen Folge fortgedauert,und vom ersten Menschen an bis auf seine Zeitenniemals einige Veränderungen erlitten habe; eineKirche, die in ihren Lehren und in den wichtigstenäußerlichen Einrichtungen allezeit eine und eben die-selbe gewesen sey. Was könnte wohl einem Men-schen, dem die Religion heilig ist, für ein Wunschwichtiger seyn, als der, daß seine Meynung dieWahrheit selbst seyn möchte? Gewiß es muß einenrechtschaffenen Mann nichts so sehr betrüben, als derGedanke, daß die Religion selbst, ungeachtet ihres

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