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1 (1900) Enthaltend Buch 1 (Handelstand) und Buch 2 (Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft)
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Kausieute. ß 1.

Begriff Handelsgewerbe erschöpfend desinirt wird. Vielmehr wird hier nur eine Klaffe der vomneuen H.G.B, anerkannten Handelsgewerbe behandelt. Die andere Klaffe wird in § 2 ab-gehandelt.

Hiernach zerfällt der Inhalt des vorliegenden Paragraphen in I (Abs. 1)Definition des Kaufmanns, II (Abs. 2) die erste Klasse der Handelsgewerbe.

Anm. i. I. (Abs. 1). Die Definition des Kaufmanns.

L.. Vorbemerkung. Der Paragraph will zwar nur eine Definition des Kaufmanns im Sinnedieses Gesetzbuchs geben. Allein wenn nicht im einzelnen Falle zwingende Auslegungs-gründe dagegen sprechen, so wird dieser Begriff des Kaufmanns überhaupt, auch für andereGesetze, Reichs- und Landesgesetze, maßgebend zu erachten sein. Für die gleichzeitig mit demH.G.B, erlassenen oder später als dasselbe zu erlassenden Gesetze ist dies ohne Weiteres an-zunehmen (so z. B. wenn das B.G.B , im Z 196 Nr. 1 bei der Verjährung von Ansprüchenvon Kaufleuten spricht; vergl. Planck Anm. 2 zu § 196). Für die früheren Gesetze ergiebt sichdies aus Art. 3 des Einführungsgesetzes zum H.G.B. Zwar heißt es da nur, daß dort, wo aufdie Vorschriften des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs verwiesen ist, das neue

H.G.B - an die Stelle tritt. Im Wege der Analogie wird man den Gesetzeswillen aber ohnejeden Zwang dahin auslegen können, daß auch der diesen früheren Gesetzen zu Grundeliegende Begriff des Kaufmanns sich nunmehr nach dem neuen H.G.B, bestimmt. (So im§ 101 G.V.G.; im Z 3 des Reichsgesetzes über die Abzahlungsgeschäfte vom 16. Mai 1394;ferner in 1, 811 des Bankdepotgesetzes vom 5. Juli 1896, vergl. Düringer und Hachen-burg Anm. I zu Z 1). Nur aus besonderen Umständen wird man das Gegentheil folgerndürfen. Andrerseits muß jedoch gesagt werden, daß der hier niedergelegte Begriff desKaufmanns sich nicht immer mit den Anschauungen des Lebens deckt, z. B. wenn vonGesetzes wegen der Dienstmann oder der Staat (als Eisenbahnunternehmer) als Kaufmann gelten.

«nm. L. B. Der Inhalt der Definition: Kaufmann ist, wer ein Handclsgewcrbc betreibt. Es ist nicht, wiefrüher gesagt: Kaufmann ist, wer gewerbsmäßig Handelsgeschäfte betreibt. Es ist also nichtder Begriff des Handelsgeschäfts, sondern der des Handelsgewerbes zu Grunde gelegt.

Das geschah, um die Kaufmannsqualität nicht mehr bloß durch den gewerbemäßigenBetrieb einer geschlossenen Zahl von Handelsgeschäften, sondern unter Umständen durch denBetrieb jedes kaufmännisch betriebenen gewerblichen Unternehmens zu begründen. Handels-gewcrbe ist daher nicht bloß der gewerbsmäßige Betrieb der in Z 1 Abs. 2 aufgezähltenGeschäfte (der früheren absoluten und relativen Handelsgeschäfte), sondern auch jedes anderekaufmännisch betriebene Gewerbe, wofern der Unternehmer ins Firmenregister eingetragenist (ß 2 des Gesetzes).

Der Begriff Handelsgeschäft aber wird nicht hier, sondern im H 343 desinirt. Ersetzt die Begriffe Handelsgewerbe und Kaufmann voraus und bedeutet jedes Geschäft einesKaufmannes, das zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehört.

Anm. z. 0. Die einzelnen Bestandtheile der Definition des Kansniannsliegriffes.

I. Wer ein Handelsgewerbe betreibt, ist Kaufmann, sagt das Gesetz. Irgend-welches besondere subjektive Erforderniß ist für den Betrieb einesHandelsgewerbes nicht aufgestellt. Daraus folgt, daß ein HandelsgewerbeJeder betreiben kann, der nach den Vorschriften des B.G.B , ein Gewerbe betreiben kann.Aber auch hierfür bestehen nach dem B.G.B, keine besonderen Fähigkeitsbedingungen.Ein Gewerbe betreiben kann Jeder, der fähig ist Rechte zu erwerben und Verpflichtungen zuübernehmen, mit anderen Worten: jedes rechtsfähige Rechtsgebilde. Zunächst also dienatürlichen Personen (H 1 B.G.B.). Sodann die juristischen Personen (ZZ 21ffg.; be-sonders auch H 80 B.G.B. ; Z 33 H.G.B.), auch Körperschaften öffentlichen Rechts (dieGemeinde, der Staat), was jetzt angesichts des Z 36 H.G.B, nicht mehr zweifelhaft seinkann (vgl. Näheres zu ZZ 33 und 36). Ferner die offenen Handelsgesellschaften undKommanditgesellschaften (Z 124 und Z 161 Abs. 2 H.G.B.) Nicht aber die sonstigenPersonenvereinigungen ohne juristische Persönlichkeit, die nichtrechtssähigen Vereine(Z S4 B.G.B.); auf diese finden vielmehr die Vorschriften über die bürgerliche Gesellschaft